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02.05.2017
Die Menschen erreichen
Vito Acconci 1940-2017
Es gibt viele Architekten, die sich auch mal künstlerisch betätigen, doch oft bleibt eine gewisse Nähe zum Ursprungsmetier erkennbar – präzise wird dann gestaltet, oft auch konstruktiv, aber kaum im Sinne der anderen Disziplin. Anders bei Vito Acconci, der am 27. April in seiner Heimatstadt New York verstorben ist. Schon mit seiner frühen, wahrscheinlich berühmtesten Performance Seedbed – bei der er tagelang in einer Galerie unter einem Holzboden masturbierte – bewies er, dass er die Grenzen der Kunst verschieben wollte.
Eine Erklärung für Acconcis Vielseitigkeit mag sein, dass er, der heute als Designer, Architekt, Landschaftsarchitekt, Performance- und Installationskünstler beschrieben wird, ursprünglich keines dieser Fächer studiert hatte. Im Januar 1940 in der Bronx geboren, galt sein Interesse zunächst der Literatur und Poesie, denen er sich bis Mitte der Sechzigerjahre unter anderem an der University of Iowa widmete. Nach dieser Phase, in der er zusammen mit Bernadette Mayer auch das Magazin 0 TO 9 herausgab, folgten seine Performances und schließlich in den Achtzigerjahren seine Hinwendung zu Möbeln, Skulpturen, Räumen und Installationen.
Bemerkenswert ist, dass sich Acconci bei aller Verschiedenheit der Mittel treu blieb. Schon bei 0 TO 9 hatte er mit Blick auf Sprache und Blatt das Verhältnis von Inhalt, Form und Medium ergründet und auch bei seinen räumlichen Arbeiten ging es ihm oft darum, die Grenzen zwischen den Kategorien aufzulösen. Deutlich wird dies bei seiner skulpturalen Arbeit Face of the Earth #3, die zwischen comicartiger Zeichnung, Spielplatz und Versammlungsort changiert. Ende der Achtzigerjahre professionalisierte er schließlich diese Ambition mit seinem Acconci Studio, mit dem er seine Projekte ein Stück weit von seiner Person entkoppelte.
Sein bekanntestes Projekt ist in diesem Sinne die Murinsel, die 2003 im Rahmen des Grazer Kulturhauptstadtjahres entstand. Formal im parametrischen Stil der Zeit gehalten, schwimmt die künstliche Plattform als Veranstaltungsort mit Café und Spielplatz im Fluss. Er wolle mit Architektur und Design die Menschen erreichen, die vor Kunst sonst nur ehrfurchtsvoll herumstünden, erklärte Acconci einmal in einem Interview mit dem Kunstmagazin art – eine Mission, der sich sinngemäß bestimmt viele Architekten anschließen würden. (sb)
Portrait: www.crane.tv
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Vito Acconci 2014 im Interview mit crane.tv
Face of the Earth #3 (1988), Foto: Thomas Duesing, CC BY 2.0
Murinsel in Graz (2003), Foto: Ruben Mendez, CC BY-NC-ND 2.0