Man sieht es nicht, aber das Red House ist ein Umbau, wenn auch ein massiver. Gut 30 Kilometer südlich von Lissabon transformierten Extrastudio (Lissabon) das alte Gebäude einer Weinkellerei in ein bemerkenswertes Wohnhaus für eine Familie. Für 220.000 Euro Budget entstanden in dem Altbau, den die Großeltern des Bauherren einst errichten ließen, großzügige 360 Quadratmeter Wohnfläche auf drei Geschossen.
Der Entwurf bekennt sich zu einem räumlichen Luxus mit konzeptionellem Anspruch. Nach dem Umbau kann das Innere des Hauses als ein räumlicher Komplex verstanden werden, der sich gleichermaßen in die Vertikale wie in die Horizontale entwickelt. Insbesondere die Axonometrie macht deutlich, wie die Architekten vorgingen. Sie interpretierten das Innere des Hauses als Leere, in die sie einen zweigeschossigen Block mit all den Räumen einstellten, die klare Begrenzungen benötigen. Die Pointe des Projekts sind vier vertikale, schachtartige Öffnungen, die sich vom Erdgeschoss bis hinauf in den Dachbereich erstrecken, wo ein einziger, funktional unbestimmte Raum mit spiegelnd glattem Boden liegt. Ein fünfter Schacht in der äußersten Ecke des Hauses ist als offener Innenhof gestaltet.
Das edle Weiß im Inneren kontrastiert deutlich mit dem Rot der Außenhülle. Der unregelmäßige, schmutzig-verschmiert wirkende Putz inszeniert das Unfertige und spielt wohl auch ein wenig auf den Pragmatismus ländlicher Funktionsbauten an, die man in der Umgebung des Hauses finden kann. In ihrer Mitteilung zum Projekt betonen die Architekten, dass bei dem verwendeten Putz ein spezieller Kalkmörtel zum Einsatz kam, dem Puzzolane und rote Pigmente zugesetzt wurden. Das Ergebnis ist ein Putz, der unter dem Einfluss des Sauerstoffs langsam versteinert, keinen Anstrich benötigt und eine ganz eigene Patina entwickelt.
Die Seitenfassade mit der Eingangstür und den vier großen Fenstereinschnitten gibt sich massiv und puristisch. Die Giebelseite zum Garten hin ist nicht weniger reduziert, architektonisch aber weitaus interessanter. Drei Öffnungen liegen in der massiven, ungegliederten Wandfläche. Ein neun Meter breites, bündig in der Wand sitzendes und dunkel verglastes Fensterband nimmt die gesamte Breite des Erdgeschosses ein. Darüber befindet sich das tief eingeschnittene quadratische Fenster eines Schlafzimmers. Ganz oben ein vergleichsweise kleines Rundfenster. Rationalistische Elementarformen treffen hier auf ein architektonisches Spiel mit Tektonik und Sehgewohnheiten. Der Offenheit des Wohnraums im Parterre steht die massive Flächigkeit der geschlossenen Obergeschosse entgegen. Im Garten setzt sich dieser Gestus fort. Die Terrasse wurde als großes rundes Holzdeck ausgeführt, der Pool als flacher, puristisch reduzierter, schwarzer Block, der eben im Garten zu liegen scheint. (gh)
Fotos: Fernando Guerra | FG+SG
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peter | 26.09.2017 12:04 Uhrschön!
mit dem budget möchte ich mir auch mal einen altbau (schön wären fotos vom vorher-zustand...) in so ein ergebnis verwandeln lassen.
möge der fotograf in 5-10 jahren wiederkommen und die attikakronen nebst fenstersimsen erneut fotografieren. auch wenn es jetzt noch super ausschaut - der bauschaden scheint vorprogrammiert.