Hybridbauten ziehen keine Grenzen zwischen so genannter Hoch- und vermeintlicher Trashkultur. Gut so, denn dadurch begegnet sich durch sie in den Städten, was sich ansonsten eher aus dem Weg geht: Wo man sich unten durch die vollgestopften Regale des Billigsupermarkts wühlt, fallen oben müde Tourist*innen in ihre Hotelbetten. Und wo unten Anträge auf ALG II bewilligt oder abgelehnt werden, wird oben an gebäudeintegrierter Landwirtschaft geforscht. So zumindest in Oberhausen, wo Kuehn Malvezzi (Berlin) einen Neubau für das Jobcenter realisierten – und dem Verwaltungsbau ein Dachgewächshaus aufsetzten.
Gerade in Ruhrstädten wie Oberhausen stellt sich die Frage nach öffentlichen Räumen, die dem wirtschaftlichen Strukturwandel Urbanität und Dichte entgegenstellen. Ein derartiges Angebot jenseits kommerzieller Nutzung zu schaffen war das Ansinnen der Oberhausener Gebäudemanagement GmbH, die das ungewöhnlich nutzungsgemischte Bauprojekt am zentralen Marktplatz der Altstadt in Auftrag gab. Das Ergebnis: ein Verwaltungsbau des Jobcenters, der zugleich Standort für die haustechnisch integrierte Lebensmittelproduktion und Forschung des Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik ist. Den zugehörigen Wettbewerb gewannen Kuehn Malvezzi in Kollaboration mit den Berliner Landschaftsarchitekten atelier le balto 2016.
Ihr Vorschlag erweiterte das Konzept noch um eine dritte, öffentliche Nutzung: Ein vertikaler Garten führt Besucher*innen über einen Parcours aus Treppen und Plattformen, vorbei an Kletterpflanzen und Sitzgelegenheiten hinauf aufs Dach. Von dort aus soll sich das ehemalige Zentrum Oberhausens – der heute von Leerstand und Ein-Euro-Läden geprägte Altmarkt – aus frischer Perspektive erschließen. Der Neubau selbst präsentiert sich als körperhafter Backsteinbau mit einem deutlich abgesetzten und filigranen Glashausdach, das in Zusammenarbeit mit Haas Architekten (Berlin) geplant wurde. Er fügt sich in das Ensemble öffentlicher Bauten ein, die mit ihren markanten Ziegelfassaden das Stadtbild prägen. Im Stapelverband ausgeführt, ist die Fassade von Kuehn Malvezzi allerdings bewusst und deutlich als Hülle ohne statische Funktion erkennbar. Unabhängig von jedem sich hier anbietenden zynischen Kommentar zu Hartz4, ist der Claim des Neubaus durchaus begrüßenswert kulturoptimistisch: Es sind neue, unsichere Zeiten, doch sie könnten sich auch fruchtbar entwickeln. (kms)
Fotos: hiepler, brunier,
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mawa | 27.10.2019 11:21 UhrAußenhaut
Ich kann staubmeier nur beipflichten: Ganz wunderbar. Die Fassadengestaltung gefällt mir außerordentlich gut, ohne dass ich den Finger darauf legen könnte, was genau das besonders Gelungene daran ist.