Der lange Sommer hat den Mitgliedern der Jury sichtlich gutgetan, wie man anlässlich der gestrigen Preisverleihung der Biennale in Venedig aus den entspannten Gesichtern von Sandra Barclay, Lamia Joreige, Lesley Lokko, Luca Molinari und Präsidentin Kazuyo Sejima schließen konnte. Kein Wunder vielleicht, denn wo sonst vor der Löwenkür im Rahmen der Preview-Tage ein endloser Besichtigungsmarathon zu bewältigen war, gab es dieses Mal genügend Zeit für eine tiefergehende Auseinandersetzung. Coronabedingt wurde nämlich ein Vergabetermin zur Halbzeit der Ausstellung gewählt. Lag es vielleicht an dieser zusätzlichen Bedenkzeit, dass Dänemark als oft genannter Favorit mit seinem Pavillon leer ausging?
Den Goldenen Löwen erhielt mit den Vereinigten Arabischen Emiraten ein eher unscheinbarer Pavillon im Arsenale, dessen Thema unter dem Titel „Wetland“ in den Bereich der Materialforschung fällt. Die Kuratoren Wael Al Awar und Kenichi Teramoto arbeiten darin an einem neuen Beton unter Verwendung von industriellen Soleabfällen. Perspektivisch könnte dieser die Energiebilanz des noch immer sehr beliebten – und zumindest bei Infrastrukturbauten auch weiterhin unersetzlichen – Baustoffs deutlich verbessern. Die Präsentation des Projekts gefiel, obwohl „Wetland“ es im Vorfeld bei kaum jemanden auf den Favoriten-Tippzettel geschafft haben dürfte.
Weitere prämierte Länderbeiträge sind das philippinische Projekt „Structures of Mutual Support“ des Framework Collaborative und der Russische Pavillon von Kurator Ippolito Pestellini Laparelli. Beide Pavillons erhielten jeweils eine besondere Erwähnung. Laparellis Büro 2050+ war in Zusammenarbeit mit dem Team von KASA für die gelungene Neugestaltung des russischen Länderpavillons verantwortlich, der nun zu den zeitgenössischsten Bauten in den Giardini gehört.
Eine große Überraschung folgte schließlich mit dem Goldenen Löwen für raumlaborberlin in der Kategorie des besten Beitrags innerhalb der Hauptausstellung von Hashim Sarkis. Die Baugerüstinstallation im Arsenale mag vielleicht nicht zu den stärksten Inszenierungen des Büros gehören, aber die beiden darin gezeigten Projekte – das Haus der Statistik sowie die Floating University – gehören im Kontext der Biennale definitiv zu den hoffnungsvollsten Antworten auf die kuratorische Frage von Sarkis, wie sich unser Zusammenleben in Zukunft gestalten könnte.
Für die beste Nachwuchsarbeit wurde schließlich die Gruppe FAST mit einem Silbernen Löwen ausgezeichnet, während cave_bureau aus Nairobi eine besondere Erwähnung erhielt. Beide Beiträge sind im labyrinthischen zentralen Pavillon in den Giardini angesiedelt, wo cave_bureau mit ihrem sehenswerten „Anthropocene Museum“ immerhin die Eingangsrotunde besetzen dürfen.
Ebenfalls Teil der Preisverleihung war außerdem noch der posthume Goldene Löwe für Lina Bo Bardi, der von Sol Camacho, Direktorin des Instituto Bardi, entgegengenommen wurde. Rafeal Moneo hatte seinen Löwen hingegen schon bei der Eröffnung im Mai erhalten. (sb)
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