Anfang des Jahres standen die Zeichen noch auf
Kompromiss: Die umstrittene Rekonstruktion des Turms für die Potsdamer Garnisonkirche sollte abgeschlossen, auf eine Wiederherstellung des Kirchenschiffs aber verzichtet werden. Damit schien das 1972 errichtete Rechenzentrum, das seit einigen Jahren als Kultur- und Kreativzentrum genutzt wird, gerettet. Nach einem Wechsel an der Spitze erklärte die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche diese Vereinbarung allerdings im Frühjahr schon wieder für nichtig. Weiterhin (oder neuerlich) besteht sie auf das zu rekonstruierende Kirchenhaus, indessen wird vor allem über die Finanzierung gestritten.
Während dieser Querelen könnte allzu leicht in Vergessenheit geraten, was da eigentlich wiederhergestellt werden soll: Nicht zuletzt als Schauplatz des Tages von Potsdam, an dem der symbolische Schulterschluss zwischen dem nationalsozialistischen Regime und der preußischen Geschichte zelebriert wurde, kann die Garnisonkirche als Symbol des deutschen Militarismus gelten. Eine umfassende öffentliche Auseinandersetzung mit der Historie, wie sie dem Ort deshalb angemessen scheinen muss, war bislang aber kaum festzustellen. Umso wichtiger sind Beiträge, die auch außerhalb von Fachmedien ein breites Publikum mit der Debatte vertraut machen. Zu den Autor*innen, die sich dabei hervorgetan haben, gehört
Philipp Oswalt, der im Juli einen fundierten wie meinungsstarken
Beitrag in der Zeit veröffentlichte.
Nur folgerichtig mutet an, dass der Kreisverband München-Oberbayern des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) am heutigen
Montag, 26. September 2022 Oswalt eingeladen hat, um im Rahmen der BDA-Kamingespräche eine erste Ausgabe der Veranstaltungsreihe „Architektur als Werkzeug der Erinnerung“ zu bestreiten. Davon ausgehend, dass Geschichte nicht allein die Summe historischer Fakten darstellt, sondern immer auch als Konstrukt verstanden werden muss, wird deutlich, dass sie der fortwährenden Diskussion und Neuaushandlung bedarf. Ebendieser Auseinandersetzung, die immer auch bauliche Konsequenzen zeitigt, soll sich die Veranstaltungsreihe widmen. Für den am 27. Oktober geplanten zweiten Vortrag konnte der Historiker
Bert Hoppe gewonnen werden. Er spricht dann zum Thema „Königsberg-Kaliningrad – Die Neuformatierung einer fremden Stadt“.
Termin: Montag, 26. September 2022, 19 Uhr
Ort: BDA Landesverband Bayern, Türkenstraße 34, 80333 München
Zum Thema:
bda-bayern.de
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stph | 27.09.2022 12:47 Uhr...
Es gibt keine gute und böse Architektur. Das ist kindisch. Es gibt nur gute und schlechte und hier ist die Barockkirche gut und der Bau des Rechenzentrums schlecht. Das müsste gerade einer wenn er Architekt wäre sehen. Er müsste nur hinschauen.