Wie viele andere mittelgroße Städte befindet sich das pfälzische Ludwigshafen aktuell in einer städtebaulichen Umbruchsituation. Bauwerke aus der Zeit der autogerechten Stadtplanung, wie die stadtbildprägenden Hochstraßen, aber auch das gigantische Rathaus-Center stehen zur Disposition: Sie sollen nach nur rund 40 Jahren Bestandszeit abgerissen werden. Welchen Wert allerdings auch solche, scheinbar nicht mehr zeitgemäßen Architekturen für die Stadt besitzen, untersucht derzeit die Veranstaltungsreihe „WERTstadt - performative Urbanität“. Noch bis Sonntag, 21. November 2021 testen verschiedene Akteur*innen aus den Bereichen Kunst und Stadtforschung gemeinsam mit Bürger*innen die Aneignungsmöglichkeiten der urbanen Räume in Workshops und Performances aus. Jenseits ökonomischer Verwertungslogiken werden dabei die vielfältigen Alltagspraktiken als aktives Reproduzieren der Stadt in den Blick genommen.
Von Freitag, 15. Oktober, bis Sonntag, 17. Oktober, initiiert das Kollektiv ANICOWORKING (Berlin) dazu sein Projekt „Planstadt“. Mithilfe einer textilen Installation bespielen sie die Hochbahn Nord und stellen als performatives Vor-Ort-Büro die Herausforderungen und Potentiale des Infrastrukturbauwerks zur Debatte.
Mit dieser speziellen Typologie setzt sich auch die parallel laufende Ausstellung „Urbanität in Bearbeitung“ auseinander. Das Projekt ging aus einem studentischen Seminar an der TU Berlin unter der Leitung von Daniel Korwan und Diana Lucas-Drogan, die ebenfalls die Kuration der Reihe „WERTstadt“ übernimmt, hervor und wurde gemeinsam mit raumlaborberlin (Berlin) in eine installative Ausstellungsarchitektur übersetzt.
Installation „Planstadt“: Freitag, 15. Oktober, bis Sonntag, 17. Oktober
Ort: An verschiedenen Parkplätzen unter der Hochbahn Nord, B44, 67059 Ludwigshafen
Veranstaltungsreihe und Ausstellung: noch bis Sonntag, 21. November
Ort: An verschiedenen Orten entlang der Hochbahn Nord in Ludwigshafen
Ausstellung: Kunstverein Ludwigshafen, Bismarckstraße 44-48, 67059 Ludwigshafen
Die Veranstaltungen sind alle kostenfrei, aber zu großen Teilen anmeldepflichtig. Der Besuch der Installation „Planstadt“ bedarf keiner Anmeldung. Zum Eintritt in die Ausstellung gilt „Pay what you want“.
Zum Thema:
kunstverein-ludwigshafen.de
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STPH | 16.10.2021 10:54 UhrBerlin will, Ludwigshafen ist.
Wer in Deutschland das Urbane, die Innenstadt, die Weltstadt sucht, hier hat er sie.
Zentrum ist was einen ansaugt, das Innen, man weiß nicht wie.
Nirgendwo ist Stadt so innen, umschlossen von den Adern des Verkehrs.
Großstadt ist ein Zustand, eine Epidemie die alles erfasst, ein Vakuum.
Gerasterte Herzkammer wie die Insel von Manhattan.
Architektur als Raumbildung, durch den Prägedruck der Blocks. Das Versprechen des Rasters, hier ist es eingelöst. Organisch von Hochstraßen umschlossen mit wenigen Durchlässen als Toren, den Rhein zu Besuch. Exterritorial, mit eigenem Magnetfeld, der Magnet selbst.
Megastadt ist nur innen nie Außen, eher noch Fragment wie Ludwigshafen als Zwilling von Mannheim, mittig zur Rheinebene, der Magnetnadel hinter den Alpen.
Souverän ohne Altstadt, alles lebt, nichts Totes, kein Tourismus.
Mehr Innen, mehr unmittelbar geht nicht. Der Raum entwaffnet, macht alle Menschen gleich und unangenehm nahe.
Andere Städte springen bei bedeutend mehr Anlauf wesentlich kürzer und landen doch nur am Frankfurter Römer im Dorf, auch innerlich. Die Proportion Ort zu Weg ist ganz Heute, einfach wahr. Es spiegelt die BRD als Zentrum, als Hirn ohne Schale, ganz hier und heute.
Die Kontinuität des Raums ist hier technisch. Dem fügt sich die technische Infrastruktur der BASF. Alles funktioniert, keine Natur. Teil einer endlosen Stadt. Ludwigshafen konkurriert im "Innen" mit der City von New York und lässt London und Paris alt aussehen, ist Mauerberlin nicht unähnlich nur noch reiner.
Das Gefühl drinnen zu sein, entspannt, innen ohne außen, dieses unerwartete, ungewollte, überfordernde, absolut Kernhafte, dessen Schale hinter den Hochstraßen nur die Welt sein kann.
Dieser unerwartete, unerklärliche eigene Tonusverlust durch den Verlust des Außen, des Abhandenkommens des Objekts, macht alle zum Subjekt, ohne Abgrenzung. Nur noch Innenbereich und der gemeinsam, ohne außen, unbegrenzt. Stadt gerinnt zum Kontinuum, findet einfach statt.