Ursprünglich Kalksteinbruch, später Munitionslager im spanischen Bürgerkrieg, dann verlassen und schließlich 2018 auf einer spanischen Immobilienseite zum Verkauf angeboten – der Ort, an dem das Madrider Ensamble Studio ein Sommerdomizil einrichtete, ist nicht nur ein Areal mit bewegter Geschichte, es ist auch ein ganz und gar ungewöhnliches Objekt: eine durch den Kalkabbau ausgehöhlte Raumfolge! Gleich bei ihrem ersten Besuch entwickelten die Partner*innen Antón García-Abril und Debora Mesa Molina den Plan, die Höhle für sich in ein unterirdisches „Sommerhaus“ zu transformieren. Drei Jahre später haben sie den auf Menorca gelegenen Ort in Besitz genommen und sich den vorgefundenen Raum durch gezielte Interventionen bewohnbar gemacht. Als Projekttitel wählten sie Ca’n Terra – wörtlich übersetzt Haus der Erde.
Den Planungsprozess begann das Büro, indem es den Ort mit Lasermessverfahren aufmaß und sich so den unterschiedlichen Raumvolumina annäherte. Die Architekt*innen reinigten die Oberflächen des auf den Balearen typischen Marès Kalkarenit und beseitigten Schutt und zurückgelassenes Material. An drei Stellen öffneten sie die Decke, um die Steinbruchinnenräume besser zu beleuchten und zu belüften.
Die architektonischen Interventionen sind radikal minimal. Um eine wetterfeste Außenfassade zu schaffen, arbeiteten sie mit Paneelen aus Faserverbundkunststoff, die mit einem Maschennetz aus verzinktem Stahl verstärkt und von der Decke abgehängt wurden. Die gleichen Paneele kommen auch als raumtrennende Elemente zum Einsatz, außerdem wurde mit teiltransparenten Kunststoffvorhängen gearbeitet. In einigen Räumen glichen die Planer*innen Unebenheiten im Boden durch einen Betonestrich mit zugesetztem Marès-Kalk aus. Installationen wie Solarpaneele, eine Zisterne und eine Klärgrube waren natürlich ebenfalls nötig.
Ensamble Studio betonten, der Steinbruch sei bereits Architektur gewesen als sie ihn fanden. Sie hätten seine Potentiale lediglich herausgearbeitet. Den Ort wollen sie Stück für Stück weiter verändern, er soll permanent im Prozess bleiben. Mit ihrem äußerst eigenwilligen Sommerdomizil schließen die Architekt*innen an ähnlich radikale Projekte wie die Aufstockung einer Garage in Massachusetts mit einer unkonventionellen Konstruktion aus Stahlprofilen und Bauschaum an, die sie 2016 realisierten.
Text: Ida Rewicki
Fotos: Iwan Baan
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peter | 01.06.2021 17:18 Uhrnatürlich...
... ist das kein haus, aber es ist unglaublich gut. ein architektonisches readymade, mit kleinen eingriffen wird aus einer technischen struktur, einem abfallprodukt einer industriellen nutzung, ein gebäudeähnliches raumgefüge, das an höhlenstädte wie wardzia, uplisziche oder ortahisar erinnert.