Heute Vorlesung, morgen Seminar, übermorgen Experiment – Universitätsgebäude sollen maximal flexibel sein. Das gilt auch für den langgestreckten Bau Sáenz Valiente im Norden von Buenos Aires, der seit anderthalb Jahren den Campus der Universidad Torcuato Di Tella ergänzt. Erreicht wurden „maximale Flexibilität und Vielseitigkeit der Gebäudenutzung“ durch eine Minimierung der Struktur zu einem strengen Raster, das sich von außen nach innen entwickelt und dem universitätstypischen Nutzungsmix – hier explizit als offene Räume angelegt – einen Rahmen geben soll. Installationen wurden auf die Breite des formgebenden Rasters begrenzt, Konstruktion und Materialien aufs Wesentliche beschränkt: viel Beton, ein wenig Holz.
Der gemischt genutzte Neubau liegt mitten im hippen Barrio River, durch eine breite Avenida vom Ufer des Rio de la Plata getrennt. Entworfen hat ihn der in Barcelona ansässige Josep Ferrando, der 2016 nördlich der katalanischen Hauptstadt sein Wohnhaus hinter denkmalgeschützter Fassade realisierte. Im selben Jahr fand auch der Wettbewerb für den Unineubau statt, in dem sich Ferrando in drei Runden und gegen 17 Mitbewerber*innen durchsetzte.
Das 15.000 Quadratmeter große Gebäude gliedert sich in drei Teile, wobei sich Raster und Stützen alle zwei Stockwerke von unten nach oben erst verdoppeln und dann verdreifachen. Entsprechend verdichtet sich auch im Inneren die Nutzung von größeren Vorlesungssälen in den unteren Etagen zu immer kleineren Raumeinheiten. Ferrando versucht dabei den Spagat aus möglichst spezifischen Räumen und vielfältiger Nutzung, indem er den Grundriss verschiedenfach modelliert wiederholt. Den Abschluss bildet eine Panoramaterrasse mit Blick über Buenos Aires.
Mit wenigen Elementen viel auszudrücken, klassisches Design mit einer modernen Konstruktion zu vereinen und die Qualität des Treppenraumes als Ort der Begegnung und des Austauschs waren die Aspekte, die auch die Jury der FAD Awards 2020 überzeugten. Sie kürte den Bau in der Kategorie Architektur International zum Sieger und betonte, dass „die Industrialisierung – die im argentinischen Kontext noch in den Kinderschuhen steckt – in Design und Verfahren die Materialität des Gebäudes prägen“. (kat)
Fotos: Federico Cairoli
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DocFeelGood | 22.01.2021 17:29 Uhr'Betontradition'
Es lebe die Reinkarantion des Brutalismus. Wie sieht das Gebäude wohl in 20 Jahren aus ?