Bei Neubauten für englische Eliteuniversitäten handelt es sich häufig um äußerst erfreuliche Projekte. Es stimmen hier einfach wichtige Parameter für gutes Bauen. Neben ästhetischem Anspruch gibt es genügend Geld und altehrwürdige Bestandsbauten, die bei Ergänzungen ein entsprechendes gestalterisches Niveau einfordern. So ist es auch beim New River Wing für das Clare College von Witherford Watson Mann Architects (London).
Das Clare College wurde im frühen 14. Jahrhundert gegründet und ist damit das zweitälteste College innerhalb der weltberühmten Institution „Cambridge“, die sich bekanntlich aus vielen unabhängigen Lehreinrichtungen zusammensetzt. Jedes College hat seinen eigenen Charakter, fungiert als Wohnheim sowie gesellschaftlicher und natürlich akademischer Ort.
Was den im Juni letzten Jahres eröffneten New River Wing von anderen jüngeren Bauprojekten in der Stadt unterscheidet, ist die sehr spezielle Art und Weise, wie er hinter die Bestandsbauten des Old Court eingefügt werden musste. Denn für den Flügel stand nur ein 120 Meter langes, extrem schmales Grundstück zur Verfügung, das vom nördlichen Teil des Old Court (wo das Grundstück nur einen Meter Breite aufweist) bis hin zum Fluss Cam reicht (wo es schließlich acht Meter breit ist). Die Architekt*innen sprechen von einem „Schiff in der Flasche“, das sie zwischen historische Gartenmauern und Bestandsbau schieben mussten. Das Bild vom Buddelschiff passt nicht nur konzeptionell, sondern auch mit Blick auf die Baustelle, die allein durch eine Behelfsbrücke über den Fluss erschlossen werden konnte.
Auf 1.740 Quadratmetern Nutzfläche und für umgerechnet knapp 30 Millionen Euro Baukosten entstanden im New River Wing eine Cafeteria mit Blick aufs Wasser, Räume für dienende Funktionen sowie Erschließungsflächen, die die Zugänglichkeit und Entfluchtung der Bestandsbauten verbessern. Im Bereich des Nordflügels des Old Court ist der Neubau dreigeschossig, zum Fluss hin wird er eingeschossig. Die Konstruktion besteht aus Eiche-Brettschichtholz.
Laut Architekt*innen handelt es sich bei ihrem Projekt um den ersten Neubau des Clare College seit 1785. Es ist zugleich Bestandteil umfassender Sanierungsmaßnahmen, für die insgesamt knapp 49 Millionen Euro budgetiert sind. Im Zuge der baulichen Maßnahmen sollen auch soziale Hierarchien reduziert und gesellschaftliche Diversität in der altehrwürdigen Institution gefördert werden. Die Architekt*innen betonen jedenfalls, dass alle Angehörigen der Universität das neue Café nutzen dürfen. (gh)
Fotos: Philip Vile, Philipp Ebeling, David Grandorge, William Burgess
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Weitere bemerkenswerte Bauten in Cambridge der letzten Jahre sind der Speisesaal für das Homerton College von Feilden Fowles sowie die Bibliothek für das Magdalene College und die Erweiterungen für das Jesus College, beide von Níall McLaughlin.
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arcseyler | 23.04.2024 17:45 Uhr.......
Das strukturell Öffnende nicht als Gegensatz zum Bestand, sondern als dessen Erfüllung. In Tradition.
Kein dialektisches Fortschreiten Alt Neu. Auch wenn das wieder als Schablone gilt: das ist eine angelsächsische Tradition. Ihm fehlt das Radikale. Kein Aufbrechen sondern Öffnen.