Eine gewisse Ähnlichkeit im Erscheinungsbild zu Max Dudlers Berliner Grimm-Zentrum lässt sich kaum leugnen – allein: Der Entwurf der polnischen Architektengruppe HS99 für Kattowitz ist zwei Jahre älter. Bereits im Jahr 2002 gewannen Dariusz Herman, Piotr Smierzewski and Wojciech Subalski den Wettbewerb für die Bibliothek der Schlesischen Universität in Kattowitz. Max Dudler gewann seine Berliner Bibliothek 2004.
Das Wissenschaftliches Informationszentrum und Akademische Bibliothek genannte Bauwerk, auf polnisch mit CINiBA abgekürzt, ist vor zwei Wochen eröffnet worden. Es enthält inzwischen auch den Bestand der Wirtschaftshochschule. Der Neubau soll den Anker für die geplante räumliche Weiterentwicklung des Universitätscampus' nordwestlich der Innenstadt von Kattowitz bilden. Es markiert die Kreuzung der Nord-Süd-Achse und der Ost-West-Achse dieses Campus'. Ein zentraler Universitätsplatz zu Füßen der Bibliothek, Forum genannt, bildet einen Treffpunkt, der sich zum dreigeschossigen Atrium der Bibliothek öffnet.
Die Höhe der Bibliothek richtet sich nach der Höhe der umgebenden Uni-Bauten auf dem Campus. Der zum Forum gerichtete Gebäudeteil wächst über diese Höhe hinaus; er enthält Magazinräume. Die Höhe soll den Rang und die Funktion des Forums betonen und gleichzeitig zu den bestehenden Hochhäusern am Ende der Ost-West-Achse vermitteln.
Die Fassaden sind mit einer repetitiven Textur aus rotem Sandstein verkleidet. Der Stein bezieht sich auf die Ziegelbauten der Umgebung – allerdings ohne deren Maßstäblichkeit zu übernehmen. Die Architekten: „Die Behandlung des Gebäudeäußeren abstrahiert die Funktion der organisierten Bücheraufbewahrung und führt eine Aura des Geheimnisvollen ein, wie sie nun einmal untrennbar mit Büchern in Verbindung gebracht wird.“
Durch die bewusst maßstabslose Gestaltung der Fassaden erreichen die Architekten die Fernwirkung eines Monolithen. Bei der Annäherung lassen sich Details erkennen wie die kleiner werdenden Fliesen, der unregelmäßige Schnitt der Sandsteinplatten sowie die sorgfältig eingebundenen, schmalen Fensteröffnungen. Die schlitzartige Befensterung projiziert bei Dunkelheit einen Flickenteppich aus Lichtflecken auf das Forum. Bei Tageslicht leiten die Fenster diffuses Licht in die Lesesäle der Bibliothek. Die streng introvertierte innere Organisation des Baus konzentriert die Aufmerksamkeit auf die Bücher und sorgt für eine ruhige Raumwirkung.
„Die partielle Abkoppelung von der umgebenden Welt beeinflusst nicht nur die Atmosphäre im Inneren des Baus, sondern sorgt auch für eine gewisse Zeitvergessenheit gegenüber der pulsierenden Stadt“, glauben die Architekten.
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Redaktion BauNetz | 19.10.2012 14:23 UhrDudler
Bitte nehmen Sie unsere Analogie nicht allzu zu wörtlich. Ähnlichkeiten sahen wir im Volumen (mit hohem und niedrigen Teil) ebenso wie in der prinzipiellen Gestaltung der Fassade mit hochrechteckigen Fensteröffnungen.
Wir haben das Gebäude veröffentlicht, weil wir es für gelungen halten. Eine Spitze gegen die Architektur in unserem Nachbarland war mitnichten beabsichtigt.