Der Berliner Architekt Jürgen Pleuser hat zehn Jahre lang bei Axel Schultes gearbeitet. Das hat in gewisser Weise abgefärbt: Die Akribie, die er den Details und dem Konzept seiner Projekte widmet, erinnert an seinen ehemaligen Chef. Pleuser wurde bekannt durch den Innenausbau des Deutschen Doms am Berliner Gendarmenmarkt, wo er (mit Volker Staab) einen vorgefundenen Sichtbetonrohbau aus DDR-Zeiten für eine Museumsnutzung inszeniert hatte.
Nun wurde mit der feierlichen Einweihung vorgestern ein weiterer Meilenstein im Werk des Architekten vollendet: Der neue Dienstsitz des Bundesumweltministeriums an der Berliner Stresemannstraße ist ein Ensemble aus dem Altbau des ehemaligen preußischen Landwirtschaftsministeriums, denkmalgeschützten Segmenten der Berliner Mauer und mehreren Neubauten. Das Projekt ist außerdem eines von drei Modellprojekten des Bundes zur energetischen Optimierung im Bauwesen: Der Neubau ist mit den Standardwerten eines Passivhauses errichtet worden. Der Entwurf ist bereits 2002 aus einem Wettbewerb hervorgegangen, den die Architekten unter der damaligen Firmierung Geier Maas Pleuser gewonnen hatten (siehe BauNetz-Meldung vom 8. 11. 2002)
Der Architekt erläutert: „Der sechsgeschossige Neubau schließt die offene Flanke des Altbaus und ergänzt den neu entstehenden Blockrand. Eingefärbter Betonwerkstein der Neubaufassade korrespondiert mit den renovierten Putz- und Werksteinoberflächen des Altbaus in Färbung und Textur. Zwischen Alt- und Neubau liegt ein neuer, atriumartiger Innenhof.
Schon vom Potsdamer Platz aus bieten sich durch große Verglasungen überraschende Einblicke in das Gebäudeinnere. In der Spur der Mauerreste ist ein gebäudehoher, lichtdurchfluteter Hallenraum mit dem Mauerrelikt in originaler Position zu sehen. Die Reste der Berliner Mauer bleiben als Teil ehemaligen DDR-Grenzanlagen erkennbar und sind für Touristen und Passanten frei zugänglich. Von der Stresemannstraße gelangen Besucher in das Informationszentrum des Ministeriums und befinden sich dort, nur durch eine Verglasung getrennt, in unmittelbarer Nähe des Mauerfragmentes.
Der nach dem Krieg durch grobe Veränderungen gesichtslose Altbau des ehemaligen Landwirtschaftsministeriums wurde unter ökologischen und energetischen Gesichtspunkten generalsaniert und architektonisch aufgewertet. Das im Krieg zerstörte Steildach des Altbaus wurde in moderner Interpretation – natursteinbekleidet – wieder aufgesetzt. Auf dem Altbau wurde ein zusätzliches Vollgeschoss mit Büros und Sitzungssälen geschaffen. Mit den Dachkörpern konnten die ursprünglichen Proportionen des Baudenkmals wieder hergestellt werden. Die wenigen originalen Reste der Altbaufassaden wurden restauriert. Die Hauptfassade an der Stresemannstraße war durch Abriss und Umbau im Jahre 1948 entstellt, hier musste eine Neufassung der Fassade entwickelt werden. Dort, wo früher die Hauptgliederungselemente aus Werkstein waren, sind nun durch leichte Vertiefungen in der Putzoberfläche die Spuren dieser „Entdekorierung“ des Hauses erkennbar. Der zentrale Hof des Altbaus wurde gläsern überdacht und damit als repräsentativer Ort für Veranstaltungen mit bis zu 600 Gästen gewonnen.“
Die Bauarbeiten werden im Herbst 2011 zu ihrem endgültigen Abschluss kommen. Die Gesamtkosten werden mit 67 Millionen Euro angegeben.
Auf Karte zeigen:
Google Maps