Villeurbanne ist eine französische Industriestadt östlich von Lyon. Mit der Kanalisierung der Rhone im Jahr 1837 siedelten sich hier die ersten Betriebe an. Seit 1899 wird am Jonage-Kanal im Stadtteil Cusset durch ein Wasserkraftwerk Strom erzeugt. Das historische Kraftwerksgebäude gilt als Symbol und Wegbereiter für die weitere Industrialisierung des Ortes. Dem Kraftwerk auf einem Wehr ist ein großes Elektrizitätswerk angeschlossen, das vom Energieversorger Enedis betrieben wird.
In diesem Umfeld, das streng nach den technischen Notwendigkeiten geformt ist, halten sich – bis auf wenige Arbeiter – selten Menschen auf. Trotzdem hat das Büro Tectoniques Architectes (Lyon, Bordeaux) hier ein Umspannwerk entworfen, das durch die Kombination von Sichtbeton, Stahl und Stampferde zu einer monumentalen Skulptur vor dem technischen Hintergrund aus knisternden Hochspannungsleitungen, Isolatoren und Transformatoren wird.
Die Form des Gebäudes ergab sich klar aus den darin verbauten Maschinen und den daraus resultierenden Spezifikationen. Ein lang gestrecktes Hauptvolumen aus Sichtbeton wird flankiert von zwei Seitenschiffen mit Wänden aus Stampferde. Oben verlaufen Lüftungslamellen aus galvanisiertem Metall über die gesamte Länge des Hauses. Die diversen Türen sind ebenfalls aus galvanisiertem Stahl gefertigt und durch Kupferelemente geerdet. Auf den beiden Schmalseiten des Hauses sind Tore stolze fünf Meter hoch, damit die Trafos hinein- und herausgefahren werden können. Die Liebe zur Gestaltung ist auch im Innenraum spürbar, wo eine Reihe von halbrunden Öffnungen im Boden Sichtbezüge zwischen den einzelnen Etagen ermöglichen.
Die verwendeten Materialien Stampferde, Sichtbeton und galvanisierter Stahl finden sich im direkten Umfeld wieder. Auch das Rohmaterial Erde wurde von einem auf Erdbau spezialisierten Unternehmen vor Ort gewonnen. Für die Architekt*innen ist der Werkstoff auch symbolisch aufgeladen, „denn schließlich kommt alles aus der Erde und geht auch dahin zurück“ – wie es in der Erläuterung zum Projekt heißt. Wie dem auch sei... Der Wille zur Gestaltung an einer Stelle, wo ein Bauwerk selten gesehen wird und Schönheit an einem Ort zu sehen, wo sie sich vielleicht nicht jedem Betrachter erschließt, sind es, was dieses Gebäude besonders macht und ihm eine gewisse Erdung beschert. Und das ist immer gut, nicht nur – oder gerade dann – wenn man es mit Elektrizität zu tun hat. (tl)
Fotos: Renaud Araud
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