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10.11.2020

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Konfetti im Kloster

Umnutzung in Paderborn von David Chipperfield Architects


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Die Tap Holding, eine durch die Familie Jacoby geführte Unternehmensgruppe, versorgt seit 1973 den DIY-Bereich im Groß- und Einzelhandel mit Bastel- und Künstlermaterial – unter anderem Wolle, Papier, Stoffe, Schmuck und sogar Konfetti. Im Jahr 2019 wurde das Hauptquartier der Firma in den Stadtkern von Paderborn verlegt. Platz für die rund 1.000 Mitarbeiter*innen umfassende Belegschaft fand sich auf dem Gelände einer ehemaligen Klosteranlage aus dem 17. Jahrhundert, die von 1841 bis 2013 das Landeshospital St. Vincenz beherbergte. Schon 2012 hat die Jacoby GbR den Komplex dem Orden der Vinzentinerinnen abgekauft und nun nach Plänen von David Chipperfield Architects aus Berlin zu den Jacoby Studios umbauen lassen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage schwer beschädigt und war durch den Wiederaufbau und weitere Umbaumaßnahmen bereits mehrfach überformt und erweitert worden. Nun wurden diese Ergänzungsbauten der Nachkriegszeit rückgebaut sowie die eigentliche historische Bausubstanz des ehemaligen Klosters wieder freigelegt und wo nötig ausgebessert. Besonderes Augenmerk galt dabei der erhalten gebliebenen Kapellenfassade, dem Kreuzgang, dem östlichen Gebäudeflügel und den Kellern aus dem 17. Jahrhundert. Diese historischen Bauelemente wurden fachgerecht restauriert. So entstand eine „malerische Ruinenstruktur aus Bruchsteinmauerwerk“ als Basis für die Erweiterungen, so die Architekt*innen.

Ausgehend vom ehemaligen Kreuzgang im Zentrum der Anlage wurde die historische Bausubstanz gemäß ihrer orthogonalen Struktur mit modernen zwei- bis dreigeschossigen Anbauten aus Sichtbeton und Holz im Norden, Westen und Süden ergänzt. Mitarbeiter*innen und Besucher*innen gelangen also durch das historische Eingangstor und die Kapelle ins Foyer. Auf insgesamt 12.500 Quadratmetern Nutzfläche finden 140 Arbeitsplätze, die Firmenkantine, ein Fotostudio und der Showroom Platz.

Der neue Firmensitz verbindet ein nachhaltiges Konzept des Bauens im Bestand mit einem modernen Lowtech-Ansatz. Durch den Erhalt vorhandener Bausubstanz konnten bereits Ressourcen gespart werden und mithilfe einer mechanischen Lüftung wird das Klima in den Innenräumen reguliert, sodass auf eine flächendeckende Klimaanlage verzichtet werden kann. Das Wasser eines direkt an das Gelände grenzenden Flussarmes der Pader wird zur Energiegewinnung mittels einer Wärmepumpe eingesetzt, für die Kühlung im Sommer werden die Betondecken aktiviert, im Winter erfolgt die Zuführung von Wärme über eine Fußbodenheizung. Die historischen Bauteile wurden in Absprache mit den Bauherren unter Denkmalschutz gestellt. (tl)

Fotos: Simon Menges



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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

10

Peter | 13.11.2020 11:26 Uhr

Zombie

Man schlägt den alten Putz weg und reißt die Nachkriegs-Zusätze ab, um dann was zu erhalten? Eine Ruinenromantik, die ästhetisch zwar einwandfrei daherkommt, aber bei mir auch eine merkwürdige Leere hinterlässt. Es ist kein Kloster mehr, sondern ein Unternehmenssitz. Es wird eine längst überkommene Bausubstanz als Kulisse für eine weltliche und vergleichsweise schnöde Neu-Nutzung inszeniert. Sehr merkwürdig das Ganze!

9

Kein Architekt | 12.11.2020 14:20 Uhr

Sehr schön!

Nachdem ich von den beiden letzten Museumsbauten von Chipperfield Architects in China doch enttäuscht war, gefällt mir diese Projekt umso mehr.

Die Integration der Altbausubstanz in das Projekt finde ich sehr speziell und spannend. Die Eingangshalle mit der gestalterischen Einheit von Treppe und Galerie halte ich in ihrer ruhigen Ausstrahlung für einen sehr schönen Raum. Lediglich die beiden Aufzugstüren stören da schon fast.

Die Neubauteile mit den großen Glasflächen erinnern mich an einen früheren Chipperfiel-Bau in Coesfeld-Lette (2001). Im Kontrast dazu die umgestalteten Altbauteile.

8

STPH | 11.11.2020 18:52 Uhr

@7°_°

sorry beim spontanen komprimieren entsteht sowas.

habe bloggen erst vor 2 Jahren entdeckt, bin also leicht hinterm Berg was die Gewohnheiten betrifft.

Wer kauft noch Bücher wenns Regal schon voll ist. Habe schon vor 10Jahren meinem Archbuchladen 10€ gegeben fürs stundenlage lediglich stöbern, die waren ganz gerührt.

Gibt es für einen Erkenntnisprozess was besseres als einen täglichen Blog, sozusagen live denken.

7

°_° | 11.11.2020 16:07 Uhr

@ STPH

Kann man eine Sammlung Ihrer Kommentare als Gedicht-Band irgendwo kaufen?

Eine Frage nur: Was ist eine 'Entdachkörperlichung'?
Das Gegenteil einer Defundamentgeistlichisierung etwa?

6

auch ein | 11.11.2020 13:25 Uhr

architekt

@1:
ich verstehe den kommentar nicht.
aufgabe: ein gebäude für eine bestimmte nutzung für einen bauherr der ein grundstück/bestand hat.

also kein wohnungsbau, kein kindergarten, nicht welt retten sondern die aufgabe erfüllen.
sicher mit rücksicht auf die mit-welt ("nachhaltig", was immer das heisst)

oder?

5

2011111010 | 11.11.2020 10:10 Uhr

Fragen fragen.

- Wieso bekommt man soetwas schönes in der Regel nicht umgesetzt?
- Wie überlebt das Mauerwerk ohne Putz oder Blechle langfristig?
- Wie bekommt den Denkmalschutz dazu, derartige Oberflächen abzusegnen?
- Wie kann man das aus energetischer Sicht rechtfertigen?

4

STPH | 11.11.2020 08:05 Uhr

Reduce to the structure


Gute doku mit vorher nachher,

Im Wesentlichen eine Entdachkörperlichung der fast barocken Wucht der Altbauten. Dieses Strukturalisieren ist schön und kann man machen, entspricht unserem inneren Zustand.

Manchmal denk ich, Moderne ist gewollter Rohbau der irgendwann fertiggebaut, verziert und bedacht wird im Sinne eines noch umgreifenderen räumlichen Verständnisses. Moderne ist nur ein Anfang ...einer umfassenderen Transzendenz. Eigentlich erst die nackte Industrialisierung, eine Entkleidung.

erst eine Aufforderung: bau Haus!

3

auch ein | 10.11.2020 17:10 Uhr

architekt

das ist wirklich super.


nichts aufreisserisches mit hoher qualität im detail.

besonders mag ich den eingangsbereich mit der treppe!

2

peter | 10.11.2020 16:48 Uhr

wow

man weiß nicht, ob man lachen, weinen oder jubeln soll, irgendwie von allem ein bisschen. am ende überwiegt bei mir aber doch der jubel. klasse projekt! am besten gefällt mir die seitliche kirchenfassade auf bild 9! das sollte man gern öfter so machen :)

1

Skeptiker | 10.11.2020 16:25 Uhr

Beispielhaft?

Zweifellos schöne Bilder, sehr gelungene Gestaltung. Gar keine Frage.
Ob es jedoch richtungsweisend und im weitesten Sinne verantwortlich und nachhaltig ist, einen riesigen Betonpalast für gerade einmal 150 Mitarbeiter in bester Innenstadtlage zu bauen, bleibt doch äußerst faglich.
Es wäre der richtige Platz für Wohnungsbau gewesen. Den CO2-Fußabdruck der 'grauen' Energie pro Arbeitsplatz möchte man sich gar nicht ausmalen. Dafür könnte die ganze Belegschaft wahrscheinlich auch die nächsten 20 Jahre auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten. Für die Baukosten pro Arbeitsplatz dürfte das Gleiche gelten.
Man muss sich wirlich fragen, ob das zeitgemäßer und verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen ist: Vom Verbrauch innerstädtischer Flächen über die in Baustoffen gebundende Energie bis zum Betrieb. Das Ganze dient am Ende mehr der Befriedigung unternehmerischer Eitelkeiten.
Sicherlich wg eines marginalen Denkmalanteils (ca. 8 Mauern) dazu noch mit bevorzgten Abschreibungen unterlegt und somit vom Steuerzahler erheblich querfinanziert.

 
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