Einst bedeutendes Industriezentrum, heute bekannt für seine Clubszene – Manchester hat besonders seit den 2000er Jahren einen deutlichen Wandel vollzogen. Sichtbar wird dies vor allem im Zentrum, wo die Gentrifizierung in vollem Gange ist. Prägend für das heutige Stadtbild sind Läden und Boutiquen der gehobenen Klasse sowie Wohnungen im oberen Preissegment. Letzteren lassen sich wohl auch die Apartments zuordnen, die auf einem ehemaligen Industrie- und später Universitätsgelände entstanden sind, ganz in der Nähe der als Zentrum der LGBTQ-Szene geltenden Canal Street.
Das Gebäudeensemble mit 533 Ein- und Zweizimmerwohnungen, Freizeit- sowie Einzelhandelsflächen trägt den Namen Kampus und ist ein Gemeinschaftsprojekt der Entwickler Capital&Centric und HBD. 2014 kauften sie das Gelände für neun Millionen Pfund und beauftragten die niederländischen Architekt*innen Mecanoo (Delft), die mit Shed KM (London) und Chapman Taylor (Manchester) zusammen arbeiteten. Für die landschaftliche Gestaltung zeichnet das Büro Exterior Architecture (London) verantwortlich.
Zu dem Projekt gehören die beiden denkmalgeschützten Viktorianischen Warenhäuser Minto & Turner und Minshull House, die in den 1870er Jahren zur Lagerung von Baumwolle errichtet wurden. Im Zuge des Umbaus blieben die Backsteinfassaden weitestgehend erhalten und wurden mit einzelnen vorgesetzten Elementen versehen, die Mecanoo als „Pixel“ bezeichnen. Eine niederländische Note setzten die Architekt*innen mithilfe von wie Fremdkörper wirkenden Aufstockung, die an Erwin Wurms Werke erinnert: kleine, in Metall verkleidete Häuschen mit Giebeldächern ragen über den Backsteinfassaden in den Manchester Himmel.
Weiterhin wurde ein aus den 1960er Jahren stammendes Gebäude umgebaut, in dem bisher die Wirtschaftsschule der Manchester Metropolitan University untergebracht war. Der Bau hebt sich gestalterisch von den Backsteinbauten ab, wird jedoch durch seinen gläsernen Sockelbau mit seinen Nachbargebäuden verbunden. Ein Bungalow, den man früher zur Sicherheitskontrolle auf dem Gelände nutzte, wurde zu einem zweigeschossigen Veranstaltungsraum umgebaut. Insgesamt sind neben den Wohnungen über 40.000 Quadratmeter Gewerbefläche entstanden.
Der Projektentwickler wirbt auf seiner Webseite mit „geheimen Straßen, Gärten und Terrassen und den besten Restaurants und Bars“. In der Tat ist ein Viertel entstanden, das interessante Außenflächen und öffentliche Räume schafft. Mecanoo wurden, als sie 2021 mit dem European Prize for Architecture ausgezeichnet wurden, schließlich auch für ihren menschenzentrierten Ansatz gelobt, der den Nutzer*innen auf ökologisch, ökonomisch und sozialer Ebene zugutekomme, hieß es damals in der Beurteilung. Nicht ganz ins Bild passen da allerdings die Kosten für die möblierten Mietwohnungen, die sich mit Einstiegspreisen von rund 1.700 Euro im Monat für eine Einzimmerwohnung ausschließlich an Singles und Paare mit dem entsprechenden Kleingeld richten. (dsm)
Fotos: Greg Holmes
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Kritiker | 07.01.2022 09:19 UhrDigitale-Ghettos mit tandiger Instagramability
Aus den Großwohnsiedlungen nichts gelernt?
Es fällt auf das jetzt die ganzen sozialen Wohnungsbau - Effizienzstrategien aus den 70igern, vornehmlich manifestiert im Mittelgang wieder einzug halten mit ihren einseitig belichteten Batterie- Schottengrundrissen.
Auch der riesige Maßstab welche hinter wohligen Riemchenfassaden versteckt wird und dann geht jeder der Anonymen Bewohner durch große Mittelgänge in sein Apartment und klinkt sich aus. In den 90ern hat man über solche Typologien noch geschimpft als Sozialghettosierung. Aber nun so ohne Beton und mehr Instagramability kann man sich schön inszenieren und sich in seine belanglose Wohnung zurückziehen und vor Netflix versumpfen. Diese Anlagen sind genauso unmenschlich wie früher nur verkleidet und mit dem Unterschied das die Leute heutzutage freiwillig vereinzeln.