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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Umnutzung_in_Bruessel_von_Bovenbouw_und_Caruso_St_John_8524953.html

06.03.2024

In alter Grandezza

Umnutzung in Brüssel von Bovenbouw und Caruso St John


Royale Belge war einmal eines der größten Versicherungsunternehmen in Belgien – und das sollte man dem Hauptquartier, das sich der Konzern von 1967 bis 1970 am südlichen Rand von Brüssel bauen ließ, auch ansehen. Die Architekten René Stapels und Pierre Dufau entwarfen ein imposantes Hochhaus auf kreuzförmigem Grundriss mit vorgehängter Glassfassade aus Cortenstahl und bronzefarben getönten Scheiben. Ringsum legten die Landschaftsarchitekten Jean Delogne und Claude Rebold einen üppigen Park an, zu der auch ein künstlicher See gehört, der westlich bis an die Vorfahrt vor dem Haupteingang reicht. Das Hochhaus steht zudem auf einem gewaltigen Sockel, in dem zum See die Lobbys, Foyers, Konferenzräume und das Mitarbeiterrestaurant untergebracht waren, rückseitig in einem zweiten Sockel die ausgedehnten Parkhäuser. Mit insgesamt 80.000 Quadratmetern bot das Gebäude Arbeitsplätze für rund 1.000 Mitarbeiter*innen der Versicherung.

Fast 50 Jahre diente das Hochhaus als Hauptquartier, bevor die Royale Belge erst von der größeren AXA-Gruppe geschluckt wurde und die Belegschaft dann 2017 in die Innenstadt zog. Der Bau wurde in der Folge an einen Immobilienfonds verkauft und war kurz als amerikanische Botschaft im Gespräch, bis eine Untersuchung ergab, dass die Fassade für das Gewicht der benötigten schusssicheren Scheiben zu schwach ist. Daraufhin wurde das Gebäude als regionales Kulturerbe eingetragen, womit das äußere Erscheinungsbild samt Landschaftspark unter Schutz stehen. Unter dieser Voraussetzung erwarb ein Investor den nun als Royale Belge bezeichneten Bestand, um ihn zum Hotel, Restaurant, Konferenzzentrum und Fitnessclub inklusive Spa umzunutzen. Zum Deal gehörte übrigens auch der Neubau von vier Wohnungsblöcken nach einem Entwurf von A2RC Architects, und zwar südlich des einstigen Versicherungsgebäudes im eigentlich geschützten Landschaftspark. Dazu ist jedoch noch nichts Genaueres verlautet, derzeit gilt alle Aufmerksamkeit dem Royale Belge.

Für dessen Umbau lobte der Investor einen Architekturwettbewerb aus, den 2019 Bovenbouw Architectuur (Antwerpen) und Caruso St John Architects (London) gewannen. „Es ging uns im Wesentlichen darum“, schreibt die Arbeitsgemeinschaft, „so wenig wie möglich zu verändern, das Gebäude aber für neue Nutzungen fit zu machen und an aktuelle Energiestandards heranzuführen.“  So ist dem Haus sein Umbau von außen tatsächlich kaum anzusehen. Von der prägenden Vorhangfassade konnte die gesamte Stahlkonstruktion erhalten bleiben, die Glasscheiben wurden hingegen ausgetauscht, um die Energieeffizienz zu verbessern. Die neuen Scheiben gleichen den alten allerdings beinahe bis aufs Detail. Fitnessclub und Restaurant wurden in den Sockel eingesetzt, die Flächen der Parkplätze dafür drastisch reduziert.

Im Inneren strahlt die gewaltige Lobby mit ihren Marmorwänden und den kräftigen Säulen noch die alte Grandezza aus. Auch die geschwungene Messingwand des Künstlers Pierre Sabatier, die das Auditorium umfasst, hat ihre prägende Raumwirkung behalten. Allerdings krempelten die Architekt*innen die Organisation des Grundrisses hier kräftig um. Die alten Rolltreppen, mit denen die Ankommenden vom Erdgeschoss eine Etage nach unten zum eigentlichen Empfang fuhren, wurden entfernt. Nun führen zwei Treppen abwärts, aber zwischen ihnen liegt bereits der Empfangstresen, und auch die Fahrstühle sind hier direkt zugänglich. Eine Glaswand am Restaurant erleichtert die Orientierung. Zudem wurden neue Öffnungen in die Marmorwände geschnitten, die zum spektakulärsten Eingriff führen.

Bewusst außerhalb der zentralen Eingangsachse, aber fast mittig zwischen den zwei Sockeln haben die Architekt*innen eine kreisförmige Halle aus dem Sockel schneiden lassen, 21 Meter im Durchmesser und drei Stockwerke hoch. Sie ist das zentrale Verbindungselement, wo sich die Gäste des Hotels mit den Besucher*innen des Fitnessclubs und den Nutzer*innen der Büros mischen. Zwei lang geschwungene Treppen verbinden die Ebenen, die erste in einem ovalen, die zweite in einem kreisrunden Bogen. Die Architekt*innen betonen, dass man sich bei der Gestaltung dieses neuen Raumes bis in die Details am „Spirit“ des Originalgebäudes orientiert habe – von den neuen, kreuzförmigen Betonstützen bis zu den Handläufen aus gebeizter Eiche. Dazu gehörte auch das Entfernen der abgehängten Decke, wodurch die kräftigen Betonrippen des ursprünglichen Tragwerks erstmals freigelegt wurden, sowie das Einsetzen eines neuen, verglasten Deckenbereichs, durch den das Tageslicht nun bis auf die unterste Ebene des Sockels fällt. Ende 2023 wurde das Royale Belge zum zweiten Mal in seiner Geschichte feierlich eröffnet. (fh)

Fotos: Filip Dujardin


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