Nur ein Jahr nach der Fertigstellung einer gemeinsam mit dem Delfter Büro Mecanoo geplanten Bibliothek im taiwanesischen Tainan konnten MAYU architects kürzlich den Umbau einer Bücherei im Süden des Landes abschließen. Nach Auffassung der Architekt*innen entsprach das 1983 in Pingtung errichtete Bestandsgebäude ganz den planerischen Gepflogenheiten aus der Zeit vor der Liberalisierung und Demokratisierung des Inselstaates. Nach dem Tod Chiang Kai-sheks 1975, aber noch vor den ersten freien Parlamentswahlen 1992 konzipiert, sei das Gebäude von seiner Umgebung völlig separiert gewesen. Als hermetisches Volumen habe die Bibliothek verloren auf dem weiträumigen Grundstück gestanden.
Folglich beschränkten sich die Architekt*innen nicht darauf, den Baukörper in eine neue Hülle aus weißen Aluminiumelementen zu kleiden, sondern öffneten das Gebäude im Rahmen des Umbaus auch zur Stadt. War der Baukörper zuvor von Süden über einen weitläufigen Vorplatz betreten worden, zielten die Planer*innen darauf ab, die Bibliothek durch eine Zubau zu „drehen“. Nun erfolgt der Zugang durch eine Halle, die auf der Westseite des Bestandsgebäudes errichtet wurde und – mit einer gläsernen Fassade versehen – zugleich Einblicke in den Bibliotheksbetrieb gewährt.
Das Innere des Gebäudes, zuvor stark kompartimentiert, wurde von seinen monumentalen Betonstiegen ebenso befreit wie von den ursprünglichen Magazinräumen. An ihrer Stelle konnten neben einem Veranstaltungsraum auch Bereiche für spezifische Leser*innengruppen entstehen, für Teenager ebenso wie für Senior*innen. Die bisherige Lobby wurde zu einem lichten Lesesaal umfunktioniert, der über nicht weniger als drei Geschosse reicht. Zwischen dem mit Holz ausgekleideten Saal und der Grünfläche, die anstelle des Vorplatzes entstand, vermittelt ein filigranes, von feinen Stützen getragenes Vordach. (ree)
Fotos: Yu-Chen Chao
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