Der Kölner Stadtteil Lindenthal ist ein ruhiges und zugleich repräsentatives Wohnviertel. Wer hier wohnt, hat es nicht weit zur grünen Lunge Kölns, dem Ende des 19. Jahrhunderts angelegten Stadtwald. Kanäle, Weiher und Parks entstanden in den darauffolgenden Jahrzehnten und laden heute zum Flanieren entlang von Stadtvillen und Alleen ein. Der zweite Weltkrieg, der nahezu 95 Prozent der Bausubstanz Kölns zerstörte, machte allerdings auch vor Lindenthal keinen Halt. Doch aus dieser Zerstörung erwuchs eine Nachkriegsmoderne von schlichter Eleganz, die bereits seit einigen Jahren eine wachsende Zahl an Liebhaber*innen findet. In einem 50er-Jahre-Haus in der Krieler Straße wurden auf Wunsch der Bauherr*innen zwei kleinteilige Wohnungen im Erd- und Obergeschoss zu einer Maisonettewohnung zusammengelegt. Den Auftrag hierfür erhielt das junge Kölner Architekturbüro DEMO Working Group, die erst kürzlich für einen Dachausbau in Köln prämiert wurden. Im Lindenthaler Projekt findet sich eine ähnliche bauliche Antwort: Auch hier wird ein respektvoller Umgang mit der Formensprache des Bestands mit einer neuen, frischen Materialität kombiniert.
Die resultierende doppelgeschossige Einheit teilt sich mit einer bestehenden Wohnung im Dachgeschoss den Haupteingang und das Treppenhaus auf der Straßenseite, während ein zweiter Zugang auf der Gartenseite über eine Terrasse direkt in die Wohnung führt. Die Koch- und Essbereiche wurden mithilfe eines Durchbruchs verbunden. Auch an anderen Stellen erzeugen große Durchbrüche einen Durchfluss zwischen gemeinschaftlich genutzten Zonen, ohne dabei die privateren Räume zu stören.
Nicht selten werden bei derlei Wandöffnungen notwendige Stahlträger mit einer Trockenbauverkleidung kaschiert – aber nicht in diesem Fall. DEMO entschied sich bewusst für eine Offenlegung der Tragstruktur. Das bauzeitliche Holzprofil des Türrahmens stößt in der Küche stumpf gegen den T-Stahlträger, während weißer Lack für eine optische Angleichung beider Elemente sorgt. Die Fronten der neuen Küchenzeile aus weiß lackierten Dreiecks-Holzprofilen haben die Architekt*innen entworfen. Im Zusammenspiel mit der nüchternen Klarheit der Küche erzeugt dies ein elegantes Schattenspiel. Einen starken Kontrast zur weißen Umgebung bildet die Arbeitsfläche aus dunklem, grünlichem Granit ebenso wie die mit Basalt-Terrazzo verkleidete Stütze im ersten Obergeschoss. Für optische Erweiterungen des Raumes sorgen Spiegelflächen im innenliegenden Treppenhaus und ebenfalls spiegelnde Tapetentüren im Bereich der Badezimmer.
Die starken Kontraste des Projekts erzeugen gemeinsam mit dezenten Pastelltönen an den Decken und einer zurückhaltenden Gestaltung der Einbaumöbel eine Klarheit ohne Sterilität. Gemäß DEMO ist die Wahl der Formensprache eine Neuinterpretation der Nachkriegszeit. Matthias Hoffmann und Wiebke Schlüter erläutern das Konzept des Umbaus als ein narratives Projekt, bei dem man die alten Elemente trotz des Umbaus ablesen könne. „Die 1950er-Jahre zeichnen sich durch eine Feinheit und Eleganz aus, die wir an einigen Stellen durch Eingriffe zum Leben erweckt und weitergeschrieben haben, um eine neue Lesart hinzuzufügen“, erklärt Hoffmann selbst.
Text: Nathalie Brum
Fotos: Jan Rothstein
Zum Thema:
Mehr zur DEMO Working Group gibt es auch in unserer Shortlist 2022 in der Baunetzwoche#589.
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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STPH | 22.04.2022 16:58 Uhr...
....Raumöffnungen, keine Körperöffnungen. Das ist des Gegenteil und kommt von außen und oben herein, das Licht, also Lichtöffnungen.