Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis 2004 wurden in der polnischen Stadt Żnin zwischen Poznań und Bydgoszcz Rüben zu Zucker verarbeitet. Nach der Stilllegung der 1894 errichteten Zuckerfabrik im Zuge industrieller Umstrukturierungen war der eindrucksvolle Komplex aus rotem Ziegel bereits zum Abriss freigegeben, als die polnische Hotelgruppe Arche das Potenzial des 360.000 Quadratmeter großen Areals erkannte und es erwarb. Nach Sanierung und Umbau, geplant vom Warschauer Büro Bulak Projekt, ist die Cukrownia Żnin nun als Hotel- und Eventpark zu neuem Leben erwacht. Innenausbau und Interior Design erfolgten in Zusammenarbeit mit MML Architekci (Poznań) und MIXD (Wroclaw). Auch die kooperative Unterstützung durch städtische Ämter und ehemalige Beschäftigte der Zuckerfabrik trug wesentlich zum Gelingen des Projekts bei, wie die Pressemitteilung explizit hervorhebt.
Das ehemalige Fabrikgelände befindet sich nahe des historischen Stadtzentrums und unmittelbar neben einem See. Dieser versorgte einst die Zuckerproduktion mit Wasser, heute wird er zum Windsurfen und für motorisierte Wassersportarten genutzt. Alle der 27 historischen Bauten auf dem Areal blieben erhalten und beherbergen neue Funktionen. Im Hauptgebäude ist ein 4-Sterne-Hotel mit 184 Standard- und 15 zweigeschossigen Zimmern untergebracht. Über eine Brücke damit verbunden ist ein weiteres Hotel mit 132 Zimmern, das den Bestand eines früheren Lagerhauses besetzt. Hinzu kommen Restaurants, mehrere Konferenz- und Multifunktionsräume, ein Auditorium, das auch als Kinosaal genutzt werden kann, ein 1.350 Quadratmeter großer Aquapark, eine Sauna, Fitnessbereiche, eine Brauerei, eine Kegelbahn und Clubräume. Insgesamt wurden 35.000 Quadratmeter Geschossfläche transformiert. Einige Bauten befinden sich noch im Umbauprozess, so etwa ein künftiges Museum.
Obwohl die Bestandsgebäude komplett neu bespielt werden, war es den Investoren ebenso wie den Architekt*innen wichtig, den Gesamtcharakter der Anlage und möglichst viele ihrer historischen Elemente zu bewahren. So wurden alte Steinpflasterungen restauriert und zahlreiche Hinweise auf die industrielle Vergangenheit, darunter Lastwagen, Rohre und Masten, an Ort und Stelle belassen. Freiliegende Ziegel, verwitterte Stahlprofile und patinierter Beton erzeugen ein Ambiente charmanter Industrieromantik, das der jetzigen Nutzung in die Hände spielt. In konstruktiver Hinsicht waren komplexe Berechnungen zur Lastabtragung der neuen Strukturen bei gleichzeitiger Verstärkung alter Teile erforderlich. Bei der Gestaltung der Innenräume wurde ebenso Wert darauf gelegt, die Kohärenz des alten Fabrikgeländes nicht zu zerstören. Auch hier integrierte man zahlreiche Spuren der Vergangenheit bis hin zu Schrauben und Blechresten. Die Hotelsuiten im Hauptgebäude werden über ein freiliegendes Stahlgerüst erreicht, sodass die Raumwirkung der hohen Halle nicht gestört wird. (da)
Fotos: ONI Studio, nalewajk
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
3
AFAF | 21.06.2022 12:35 Uhrgrad nicht
ich empfinde da tatsächlich gegenteilig und nicht weil ich den Raum und den Charakter des Bestandes nicht als spannend empfinde.
Nein vielmehr, weil es keineswegs einen sinnvollen Umgang im Sinne eines Weiterbauens mit dem Bestand anstrebt, sondern diesen eher als (post)industriell romantische Kulisse nutzt - ich fühle mich fast in einen kitschigen Film versetzt.
Also ja klar ist das irgendwie urig, hipp, blabla aber vorbildhaft keinesfalls !