„Luise 19E war einmal ein altes, dreckiges Gebäude mit vier Garagen, das abgerissen werden sollte.“ So beschreibt der Berliner Architekt Jurek Brüggen den Ausgangspunkt seines jüngsten Projekts. Entstanden ist ein Gemeinschaftsraum für eine Wohngenossenschaft in Werder an der Havel. Dessen Gestaltung macht sich die bestehenden Qualitäten auf ungewöhnliche Weise zu eigen.
Unmittelbar am Ufer des Großen Zernsees rund 35 Kilometer südwestlich von Berlin hat sich eine Gemeinschaft von etwa 100 Erwachsenen das rund 17.000 Quadratmeter große Fabrikgelände einer ehemaligen Mosterei gesichert. Bis 2017 erfolgte der Ausbau des denkmalgeschützten Ensembles zu Wohnräumen. Nur die alte Garage blieb aufgrund ihres schlechten Zustands übrig. Vor zwei Jahren bat die Genossenschaft schließlich drei Architekturbüros, über die Zukunft des Gebäudes nachzudenken. Allerdings erschien ein Abriss zu diesem Zeitpunkt am Wahrscheinlichsten, nicht zuletzt, weil ein Ersatzneubau bereits genehmigt war. Jurek Brüggen wollte jedoch lieber mit dem Bestand arbeiten, was am Ende auch die Genossenschaft überzeugte.
Die Transformation begann mit dem Dach, das aufgrund seiner Kontamination abgenommen und entsorgt werden musste. Der östlichste Teil der Garage besaß außerdem kein Fundament, was ebenfalls einen Teilrückbau erforderlich machte. Dieser geschah allerdings so vorsichtig, dass sich die Ziegelsteine weiterverwenden ließen. Die neuen Mauern wurden schließlich mit den gleichen Ziegeln errichtet. Nur zum Fluss hin erhielt das Gebäude eine größere Öffnung mit Schiebefenster und Terrasse.
Im übrigen Teil wurden nur die Zwischenwände entfernt und deren Steine genutzt, um die Außenmauern auf die gleiche Höhe zu bringen. Ein neuer Ringanker stabilisiert nun das Gebäude. Auf diesem liegt eine Holzbalkendecke auf, die ein Gründach mit lichtdurchlässige Photovoltaik-Anlage trägt. Die Dämmung erfolgte mit Holzfasern.
Im Ergebnis konnte einerseits die gewachsene Heterogenität des Bestands erhalten werden. Gleichzeitig ließ sich der einstige Garagentrakt aber konstruktiv und energetisch drastisch verbessern. Entstanden ist ein 179 Quadratmeter großer Raum mit Toiletten und Teeküche, der für Versammlungen der Genossenschaft genutzt wird, für die Arbeit von Projektgruppen, für Konzerte, Feste oder Aufführungen. Im westlichen Bereich kann eine kleine Bühne aufgebaut werden, die Technik dafür ist an der Decke untergebracht. Zudem gibt es eine kleine Sauna.
Als Gesamtkosten für das Projekt inklusive Umsatzsteuer, Bau- und Baunebenkosten gibt Jurek Brüggen 450.000 Euro an. Man sieht: Umbau lohnt sich. Gerade auch im kleinen Maßstab. (fh)
Fotos: Hannes Heitmüller
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A.Lupfinger | 24.10.2023 15:50 UhrUmbau gewinnt
Das finde ich mal ein kleines, aber schlaues Projekt. Ganz klar, Umbau gewinnt. Und die Rückseite (Bild 16,17) sieht geradezu belgisch aus... schön. Mit minimalen Mitteln gebaut und trotzdem Architektur! Glückwunsch.