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16.09.2024
Aus Kirche wird Musikschule
Umbau in Rotterdam von Powerhouse Company
Es ist einer dieser typischen Rotterdamer Kontraste: Nur wenige Schritte vom Hofplein genannten, riesigen Kreisverkehr im Stadtzentrum entfernt liegt ein beschaulicher Kanal, die Delftsevaart. Hier findet man eine ruhige Wohngegend mit Bauten aus der Nachkriegszeit. Am Kopfende des Kanals wurde 1951 eine kleine Kirche für die Gemeinde der sogenannten Mennoniten, einer evangelischen Freikirche, errichtet. Der Architekt hieß Gerrit Kuiper, das Gebäude ersetzte damals eine alte Schulkirche, die im deutschen Bombardement 1940 zerstört worden war.
Von den Mennoniten bereits vor einiger Zeit verlassen, wurde die Kirche von der philantropischen Stiftung Droom en Daad (Traum und Tat) gekauft. Die Rotterdamer Stiftung initiiert und fördert kulturelle Bildungsprojekte. In diesem Falle wollte sie aus der Kirche eine kleine Musikschule machen mit einem breiten und niedrigschwellig zugänglichen Unterrichtsangebot für Menschen zwischen 6 und 26 Jahren. Als Architekten engagierte sie das ebenfalls in Rotterdam ansässige Büro Powerhouse Company.
Die kleine Nachkriegskirche besteht aus einem aus Stahlbeton-Fertigteilen schlicht, aber erstaunlich filigran zusammengesetzten Kirchenraum und einem langgezogenen Nebengebäude aus Backstein im Norden. Die Architekt*innen behandelten die beiden kleinen Gebäude mit größtem Respekt; sie sprechen von einem „Nachkriegsjuwel“. Der ehemalige Hauptraum der Kirche blieb in seiner ganzen Größe erhalten. Im Nebengebäude wurden kleinere Musikstudios und Probenräume eingefügt, Toiletten, Foyer und eine farbenfrohe Kantine. Zwischen den beiden ehemals separaten Gebäuden fügten Powerhouse einen kleinen, weitgehend verglasten Verbindungsbau als Haupteingang ein. Insgesamt bietet das Projekt jetzt 930 Quadratmeter Geschossfläche.
Im Hauptraum wurde die prägnante Kassettendecke aus verputztem Beton ebenso erhalten und sorgfältig restauriert wie die originale Flentrop-Orgel aus dem Jahr 1954. Diese dient nun den jungen Musiker*innen als außergewöhnliches Instrument, mit dem tatsächlich das ganze Gebäude zum Klingen gebracht werden kann. Bei den Veränderungen verfolgte Powerhouse einen zirkulären Ansatz. So wurde etwa das Holz der alten Kirchenbänke für die Sitzgelegenheiten und akustischen Wandvertäfelungen im Eingangsbereich wiederverwendet. Alle Holzfensterrahmen blieben erhalten, ebenso die Türbeschläge und Lampen aus Bakelit. Die farbenfrohen Stühle im Hauptraum sind neu, jedoch auch aus gebrauchten Materialien, nämlich recycelten Plastikflaschen, gefertigt. (fh)
Fotos: Sebastian van Damme
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