Auch Frankreich hat nun seine Version des Silicon Valley – und sie liegt mitten in Paris. Im 13. Arrondissement, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Bibliothèque Nationale, eröffnete Ende Juni das neue Gründerzentrum Station F in einem einstigen Güterbahnhof. Das als Halle Freyssinet bekannte Gebäude aus den Zwanzigerjahren wurde nach Plänen des Pariser Büros Wilmotte & Associés zum nach eigener Aussage weltweit größten Start-up-Campus umgebaut.
Die von dem Ingenieur Eugène Freyssinet entworfene, aus vorgespannten Betonelementen gefertigte Halle verfügt über die enorme Länge von 310 Metern – der Eiffelturm würde liegend hineinpassen – und wurde aufgrund ihrer außergewöhnlichen Finesse zum Baudenkmal erklärt. Sie besteht aus drei parallelen Längsschiffen, überspannt von Bögen, die entlang der Dachlinien stellenweise extrem schlank ausgeführt sind. Breite Auskragungen an den beiden Außenseiten sorgen als Gegengewichte für Balance und Stabilität des außergewöhnlich leichten Tragwerks. Im Rahmen des Umbaus wurde die elegante Konstruktion komplett saniert, über Einbauten erhielt das 34.000 Quadratmeter fassende Volumen zudem ein völlig neues Raumprogramm. Der videoanimierte Spaziergang durch die Halle zeigt eine offene Arbeits- und Konsumlandschaft mit fließenden Übergängen und teils wabenartig angeordneten Büroeinheiten.
Drei hintereinander angeordnete, teils öffentliche, teils nur für Mieter zugängliche Areale beherbergen verschiedene Funktionen: Die „Share Zone“ ist als Verlängerung der ebenfalls neu angelegten Promenade außerhalb der Halle als Treffpunkt und Ort des Austauschs konzipiert. Hier gibt es ein Auditorium, Konferenzräume sowie ein „Fab Lab“ mit frei zugänglichen 3D-Druckern. Am anderen Ende der Halle liegt die „Chill Zone“ mit südlich ausgerichteter Terrasse und Garten. Hier wird Ende des Jahres auch ein riesiges Restaurant eröffnen, das unter anderem – als Reminiszenz an die ursprüngliche Funktion des Ortes – in mehreren Eisbahnwaggons untergebracht sein wird. Das Herzstück der Halle bildet die „Create Zone“, ein containerartiges Environment auf mehreren Etagen, in das sich bis zu 1.000 Start-up-Unternehmen einmieten können. Um einen (oder mehrere) der begehrten Schreibtische zu ergattern, ist allerdings eine Bewerbung notwendig – junge Nachwuchsgründer profitieren hier nicht nur von für Paris durchaus moderaten Mietpreisen, sondern ebenso von einem prominenten Arbeitsumfeld: Auch Unternehmen wie Microsoft, Facebook oder Zendesk werden in der Station F Inkubationsprogramme durchführen.
Mit seiner direkten Nachbarschaft ist der Start-up-Campus nicht nur über die „Share“- und „Chill Zone“ mit den neugestalteten Außenflächen verbunden, sondern auch mittels zweier öffentlicher, quer durch das Gebäude verlaufender Durchgänge, die für Passanten als „Schaufenster in die Welt digitaler Innovationen“ fungieren sollen. Zugleich verkürzen sie den Weg zwischen den beiden Stadtvierteln rechts und links der Halle. Die New-Economy-Stadt wird zudem weiter in ihre Umgebung hineinwachsen: Schon 2018 sollen drei Wohntürme mit bis zu 100 Apartments im nahegelegenen Ivry-sur-Seine entstehen, die das Co-Working um ein Co-Living ergänzen werden. (da)
Fotos: Patrick Tourneboeuf
Video:
La Halle Freyssinet en 2016 from Wilmotte & Associés Architectes on Vimeo.
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