An Mexikos Pazifikküste im Bundesstaat Nayarit liegt das Fischerdorf San Blas. Im Jahr 1768 gegründet, sollte der hier angelegte Hafen dem Küstenschutz und als Tor für asiatische Waren dienen. Von der einstigen Handelstätigkeit zeugt auch ein teils verfallener Zollkomplex. In den noch erhaltenen Gebäudeteilen haben sich schon vor einigen Jahren kulturelle Nutzungen eingerichtet: Es wurden Ausstellungen gezeigt, darüber hinaus gibt es eine Reihe kleiner Werkstätten. Nun wurde der Bau vollends zum Kulturzentrum umgenutzt, das neben Werkstätten und Ausstellungsbereich ein kleines Museum integriert. Die Transformation erfolgte nach Plänen der Gruppe Colectivo C733 im Auftrag des Sekretariats für Agrar-, Territorial- und Stadtentwicklung (Sedatu) der Gemeinde San Blas.
Colectivo C733 ist ein Zusammenschluss der vier in Mexiko-Stadt beheimateten Planungsbüros von Eric Valdez (labg), Gabriela Carrillo (Taller Gabriela Carrillo), Israel Espín (Taller Israel Espín) sowie José Amozurrutia und Carlos Facio (TO). In den letzten Jahren realisierte das Kollektiv, das bei jedem Projekt mit entsprechenden Wissenschaftler*innen und Expert*innen zusammenarbeitet, eine Reihe öffentlicher Bauten in ganz Mexiko. In San Blas setzte die Gruppe gleich zwei Projekte um: Neben dem Umbau des Zollamts planten sie auch einen Uferpark.
Der ehemalige Zollkomplex besteht aus zwei intakten Bestandsbauten – einem mit Arkaden ausgestatteten Eingangsgebäude und dem im hinteren Teil des Grundstücks liegenden Bau mit Werkstätten –, zwischen denen sich ein großer Hof öffnet. Dort finden sich verfallene Gebäudereste aus handgefertigten Lehmziegeln, die als Ruine stehengelassen wurden. Zugleich erfolgte hier die Hauptintervention von Colectivo C733 mit dem Ziel, die ursprüngliche Struktur zu stabilisieren und sinnvoll zu ergänzen.
Neu hinzugefügt wurden im Hofbereich vier hohe, skulptural gestaltete Wandelemente aus lokal hergestellten Lehmziegeln. Die in Reihe angeordneten Volumen werden durch eine Metallkonstruktion ergänzt und gestützt. Diese Komposition soll den Raum strukturieren und den Architekt*innen zufolge eine Beziehung zwischen Altem und Neuem sowie zwischen Natur und Gebautem herstellen.
Auf Höhe des Dachgeschosses verläuft nun ein Metallsteg, der alle Bauten und Gebäudeteile miteinander verbindet und Aussichtsplattformen ausbildet. Er soll Besucher*innen auf eine „Zeitreise in die Erinnerung an eines der ältesten Gebäude des Hafens“ mitnehmen. Erreicht wird er über eine Treppe, die zwischen den Wandscheiben untergebracht ist. Rechts und links dieser zentralen Achse finden sich Freiräume, in denen zwei verschieden große quadratische Formen angelegt wurden. Sie sollen als Forum dienen und sind dem sogenannten Sikuli oder Gottesauge nachempfunden, ein spirituelles Symbol der in der Region beheimateten Gruppe der Huichol-Indianer. Die Freiraumgestaltung lag beim Büro Taller de Paisaje Hugo Sánchez (Mexiko-Stadt). (da)
Fotos: Rafael Gamo
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Das Projekt war für den kürzlich in Wien verliehenen Brick Award 24 nominiert, der in der Baunetzwoche#648 Thema war. Dort findet sich auch ein Interview mit Architektin Gabriela Carrillo.
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