Die Kirche hat’s nicht leicht zur Zeit: Priestermangel und die höchsten Kirchenaustrittszahlen seit Ende des zweiten Weltkrieges stellen die Organisation vor enorme Herausforderungen. Glaubt man den Prognosen der Deutschen Bischofskonferenz, wird sich die Zahl der Katholiken bis 2060 halbieren. Zahlreiche Kirchengebäude sind folglich vom Leerstand bedroht – so auch das der St.-Johannes-Gemeinde im nordrhein-westfälischen Dorsten.
Das bestehende Kirchenschiff mit dem markanten seitlich angefügten Turm prägt seit 1960 den städtischen Raum des nahe Marl gelegenen Dorsten. Der Sakralbau entstammt einem Entwurf des Architekten Emil Steffann – einem der bedeutenden Kirchenbaumeister seiner Generation. Mit seinem Atelier entwickelte Steffann zwischen 1950 und 1968 rund 40 Kirchen und Klostergebäude, die vorwiegend in Nordrhein-Westfalen realisiert wurden. In den späten 1970er Jahren wurde die Kirche um ein Pfarrhaus erweitert.
Die Kirche konnte durch das Büro Kuckert Architekten (Münster) für die Familienbildungsstätte Dorsten-Marl umgebaut werden. Hier half eine Finanzierung des Bistums Münster und die Überschreibung des Kirchenbaus an den Regionalverband Recklinghausen als Bauherren. Kulturelle und kirchliche Nutzung sollen künftig unter einem Dach stattfinden. Der eigentliche Kirchenraum wurde für die Umnutzung stark verkleinert und von seinem angestammten Platz in der Apsis in den Westen des Kirchenschiffs verschoben. Übrig blieb lediglich eine Kapelle, die aber immer noch 100 Leute fasst.
Im bestehenden Kirchenschiff errichteten Kuckert Architekten einen zweigeschossigen Neubau, der sich in die raumgebenden Begrenzungsmauern der Kirche einfügt. Hier liegt eine Vielzahl an vom Familienzentrum genutzten Räumen: Seminarräume für Kinder und eine Gymnastikhalle finden ihren Platz. Erschlossen werden sie über den Turm, in dem nun ein Treppenhaus und eine Aufzugsanlage untergebracht sind, um Barrierefreiheit zu gewährleisten. Auch das abgängige Pfarrhaus wurde neu errichtet und an den Turm angeschlossen. Wie der Neubau im Kirchenschiff entstand auch das neue Pfarrhaus in Ziegelbauweise, dieweil bei ersterem der Ziegel in Kreuzfuge gestapelt und mit offener Fuge ausgeführt wurde. Verbindendes Element des Ensembles sind die markanten Öffnungen in Schiff und Neubau, durch die Licht in alte und neue Gebäudeteile fällt. (tl)
Fotos: Christian Kuckert
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F.R. | 29.01.2020 15:39 UhrWohltuend
unaufgeregt. Sehr schöner Umgang mit dem Bestand!