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17.04.2024
Rathaus in der Hafenfestung
Umbau in Den Helder von Office Winhov und Van Hoogevest Architecten
Es passiert nicht alle Tage, dass ein Rathaus ins Hafenviertel umzieht. Doch genau diesen Schritt hat nun die Gemeinde im niederländischen Städtchen Den Helder vollzogen. Fortan wird man in zwei historischen Häusern arbeiten, einer Mastenwerkstatt aus dem 19. und einem Seilerei-Lagerhaus aus dem 20. Jahrhundert. Den Umbau haben Office Winhov (Amsterdam) und Van Hoogevest Architecten (Amersfoort) begleitet.
Den Helder ist aufgrund seiner Lage an der Einfahrt zum Ijsselmeer schon seit Jahrhunderten von hoher strategischer Bedeutung. Die Gründung der „Reichswerft Willemsoord“ geht auf Napoleon Bonaparte zurück, seit 1822 ist sie die Basis der Niederländischen Königlichen Marine. So entstand eine Doppelstadt: Einerseits der alte Ort und direkt daneben, fast ebenso groß, die stark befestigte und vom Dorf abgeschottete Werft und Hafenfestung. Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen die Arbeiten für einen neuen Militärhafen, bis 1995 war die Marine vollständig umgezogen. Das gut 40 Hektar große Areal des historischen Hafens stand somit leer und wurde schrittweise mit Nachnutzungen neu erschlossen. Unter anderem sind das Königliche Institut für die Marine, ein Marinemuseum, ein Museumshafen, Restaurants, ein Wohnmobilstellplatz und ein neues Multiplexkino eingezogen.
Nun folgt das Rathaus. Zwei Häuser der Werft sind dafür ausgesucht worden, in denen sich die Geschichte des Ortes spiegelt: Die Mastenwerkstatt (Gebäude 66) ist ein flacher Backsteinbau aus dem 19. Jahrhundert mit wuchtigem Holzdach. Die ehemalige Seilerei (Gebäude 72) hingegen ist ein robustes dreigeschossiges Gebäude der Nachkriegsmoderne mit sichtbarer Betontragstruktur, roten Backsteinausfachungen und Fensterbändern.
Die Architekt*innen nutzten die Unterschiedlichkeit der zwei Gebäude und entwarfen gleichzeitig den Platz dazwischen als neuen, belebten öffentlichen Ort. In der Mastenwerkstatt sind die öffentlichen Funktionen konzentriert, darunter der Ratssaal, die Bürgerbüros, ein Café, ein Begegnungszentrum sowie der Trauungssaal. Die Tragstruktur des großen Gebäudes auf fast quadratischem Grundriss besteht aus einem beeindruckenden, offenen Holzdach mit vier parallelen Schiffen.
Eines dieser Schiffe wurde nun zu einer breiten inneren Straße ausgebaut mit einem eingestellten Informationspavillon aus Holz. Neue Oberlichter betonen die Dachstruktur und die Namen der Werftarbeiter, die sich im Holz verewigt haben. Die farbigen Seitenwände wurden, soweit möglich, von der ursprünglichen Holzkonstruktion getrennt, sodass diese hervortritt. Die Farben habe man dabei auf die Farben der Küste abgestimmt, so die Architekt*innen. Die Einbauten erfüllen nicht nur akustische Funktionen, sondern nehmen auch alle technischen Leitungen auf, sodass die innere Straße und alle Räume davon freigehalten werden konnten.
In die alte Seilerei sind Verwaltungsbüros eingezogen. In der Gebäudemitte wurde die alte Betonstruktur für ein Atrium mit großem Oberlicht geöffnet. Über offene Treppen und Galerien erreichen die 250 Mitarbeiter*innen die Büros. Die Holzeinbauten sind ebenfalls farbig, wenn auch in einer anderen Farbe gehalten, und folgen so dem gleichen gestalterischen Prinzip wie in der Mastenwerkstatt. Die alten Backsteinfelder der Fassade wären für die Ansprüche an Komfort und Energieeffizienz mit angemessenem Aufwand nicht umzunutzen gewesen. Sie wurden durch Metallpaneele in kräftigem Rot und mit extragroßen Panoramafenstern ersetzt, die den Blick weit über den ehemaligen Militärhafen öffnen. (fh)
Fotos: Stefan Müller, Max Hart Nibbrig
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