Es hat einfach wunderbar gepasst. Wer mit den Beteiligten der Umnutzung einer Industriehalle auf dem ehemaligen Robotron-Gelände in Chemnitz für das Stasi-Unterlagen-Archiv spricht, hört diesen Satz immer wieder. Tatsächlich passt bei diesem, von Heine Mildner Architekten aus Dresden geplanten Projekt vieles vorbildlich zusammen.
Erstens werden hier vor Ort die seinerzeit im Bezirk Karl-Marx-Stadt erstellten Dokumente der Staatssicherheit bewahrt und zugänglich gemacht. Zweitens bleibt eine bauliche Hinterlassenschaft der Industriegeschichte erhalten. Drittens kann das Projekt als Vorbild für weitere, noch vielfach vorhandene Hallen dieser Art dienen. Viertens ergeben sich hier räumliche Synergien zum benachbarten Sächsischen Staatsarchiv im denkmalgeschützten Peretz-Haus, dessen Räume für Veranstaltungen mitgenutzt werden können.
Bevor die Architekt*innen den Planungsauftrag der Grundstücks- und Gebäudeeigentümer Frank-Michael und Marianne Engel erhielten, hatten sie 2019 eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. Die Frage war: Lässt sich der leer stehende, zweigeschossige Typenbau aus den 1960er Jahren als eine von deutschlandweit dreizehn Außenstellen des Stasi-Unterlagen-Archivs für die Aufbewahrung von 7,5 Kilometer hochsensibler Unterlagen umnutzen?
Die architektonische Antwort hat Anfang Juni den Sächsischen Staatspreis für Baukultur 2024 erhalten. Mit ihm wurde nicht nur das Architekturbüro geehrt, sondern auch die Familie Engel, die als FME Verwaltungs GmbH & Co. GG Adorfer Straße KG auftritt und das Gebäude an das Archiv vermietet.
Die Planung nutzt den spezifischen Aufbau der Halle. Im geschützten Inneren, wo früher die schweren Rechner des größten Computerherstellers der DDR standen, kommen auf zwei Ebenen die Magazine mit den Dokumenten unter. In der umlaufenden Zone, die seinerzeit für Büronutzung konzipiert worden war, sind die Büros der Archivverwaltung untergebracht. Bei der Unterbringung der Archivbestände galt es, höchste Sicherheitsansprüche in Bezug auf Daten-, Brand- und Sachschutz mit dem Wunsch nach Sichtbarkeit und Transparenz gegenüber der Bevölkerung in Einklang zu bringen.
Eine weitere Herausforderung bestand darin, fast alle statischen Elemente wiederzuverwenden. Denn der Hauptraum wird durch Pultdachbinder überspannt, die Dachkassettenfertigteile tragen und nur minimale statische Toleranzen haben.
Bei der Fassadengestaltung beziehen sich die Architekt*innen auf die anderen beiden Gebäude des Robotron-Komplexes. Nun schuppt sich gewelltes Stahlblech in horizontalen Lagen über den Bau. Stellenweise wirkt es, als könne man es wie einen Vorhang vor die Fenster ziehen. Das Grün ist eine Standardfarbe und erinnert an die Fassaden vergleichbarer Typenbauten. Zusammen mit den gelben Markisen leuchtet das Archiv im heterogenen Umfeld als deutliche Adresse hervor. Die Nutzfläche beträgt 3.800 Quadratmeter. Baukosten werden nicht angegeben. (fm)
Fotos: Till Schuster
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Jan | 04.07.2024 09:09 UhrFarbkanon
der Farbkanon Finanzamt-Grün und Verhörzimmervorhang-Gelb lädt nun wirklich nicht zu Lachanfällen ein.
Das Pastellblau beruhigt die Gemüter wieder, da man sich nichts zu Schulden kommen hat lassen.
Gebäude DÜRFEN auch Farben haben.
An sich ein guter Umbau, ohne viel chichi und gottseidank kein Abriß und völliger Neubau. Angemessen.