Der Wunsch des Bauherren war bereits beim Architekturwettbewerb 2014 absolut eindeutig. Hier sollte nicht einfach nur das legendäre Estadio Santiago Bernabéu, Heimspielstätte von Real Madrid, modernisiert werden. Nein, aus der schon vielfach umgebauten und erweiterten Betonschüssel sollte schlicht „das beste Stadion der Welt“ werden. Eine moderne Multifunktionsarena und gleichzeitig ein angemessenes Zuhause für Los Galacticos, so einer der Spitznamen der nach eigenem Verständnis besten Mannschaft der Welt. Den Wettbewerb hatten gmp • Architekten von Gerkan, Marg und Partner (Hamburg) gewonnen, die gemeinsam mit den lokalen Partnerbüros L35 Arquitectos und Ribas & Ribas Arquitectos eine frei geformte Metallhaut aus silbrig glänzenden Edelstahllamellen um das alte Stadion schlängelten.
Bei der Formfindung der neuen Hülle gab es einige Dinge zu berücksichtigen. So konnten neue städtebauliche Akzente gesetzt werden – etwa durch die Akzentuierung der Eingänge und einem Schwung nach Südosten, zum Plaza de los Sagrados Corazones. Zudem folgt die neue Haut nicht exakt den Konturen des alten Stadions, sondern schafft gezielt größere Zwischenräume, in denen zusätzliche Funktionen wie vor allem das Museum von Real Madrid – nach dem Prado das Zweitmeistbesuchte der Stadt – sowie ergänzende Einzelhandels- und Gastronomieflächen. Die Fassade hängt dabei an einem Stahltragwerk, das teils freitragend, teils auf dem alten Stadion auflagernd, einmal komplett ums Stadion gelegt wurde. Der Zwischenraum zwischen Fassade und Stadion beträgt im Norden und Süden teils gerade mal 95 Zentimeter, im Bereich der alten Erschließungstürme bis zu 14 Meter. Zwei dieser Betontürme mussten für eine bessere Erschließung um einige Meter versetzt werden.
Ungefähr auf Traufhöhe wurde ein „Skywalk“ in die Fassade integriert, der außerhalb der Spielzeiten zugänglich ist und als Promenade mit weitem Panorama über die Stadt einmal ums ganze Stadion führt. Ebenso wurde das neue, komplett verschließbare Dach in die silbrige Metallhülle integriert. Volkwin Marg beschreibt die Idee der Hülle so: „Unser Entwurf verleiht den Ideen von ‚Bewegung‘ und ‚Dynamik‘ eine Form. Die Kubatur des Stadions mag auf den ersten Blick autonom gesetzt erscheinen – tatsächlich aber bewegt sie sich tanzend innerhalb eng gesteckter Vorgaben. Sie hüllt die gewachsene Form des mehrfach umgebauten und erweiterten Stadions schwungvoll ein, ermöglicht neue Nutzungskonzepte und berücksichtigt städtebauliche Setzungen wie baukonstruktive Erfordernisse.“
An den Tribünen im Stadioninneren wurde hingegen fast nichts verändert. Über den Oberrängen wurde eine Schicht mit neuen VIP-Logen eingezogen, die auf der Westseite auch als Konferenzräume genutzt werden könnnen. So fasst das Stadion jetzt insgesamt etwa 83.000 Zuschauende. Neben dem Komfort und einem neuen Erscheinungsbild ging es vor allem darum, den reinen Fußballtempel als Multifunktionsarena auch für andere Großereignisse zu öffnen. So wurde der kostbare Rasen auf neun mobile Tragelemente verlegt, die automatisch nacheinander in einen unterirdischen Schacht gefahren werden können. Im Stadion bleibt dann ein harter Boden zurück, der für Veranstaltungen wie Popkonzerte genutzt werden kann. Die Rasenstücke lassen sich in der Zwischenzeit künstlich belichten und bewässern.
Nach fünf Jahren Bauzeit bei laufendem (Fußball-)Betrieb konnte der Umbau Ende Mai stilsicher mit einem Konzert des amerikanischen Mega-Popstars Taylor Swift eingeweiht werden – die ist ja auch eine der Größten der Welt. (fh)
Fotos: Marcus Bredt, Imagen Subliminal
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Fritz | 13.08.2024 15:48 UhrVorher
war vorher wesentlich interessanter! Jetzt neu leider bereits modisch hinterher.