Als eigenständige Gemeinde mitten in Kopenhagen gilt Frederiksberg als besonders schicke Adresse. So ganz passte der Wohnblock an der Ørstedsvej daher nicht ins dortige Stadtbild, galt sogar als eines der hässlichsten Bauwerke der Gegend. Die Situation: ein funktionalistischer, sanierungsbedürftiger Plattenbau der 1960er Jahre, der sich nicht nur aufgrund der rückversetzten Baukante nicht an das urbane Umfeld anpassen konnte.
Aus der Anforderung, den Wohnblock einer banalen Fassadensanierung zu unterziehen, die zukünftig den Feuchteeintrag in die betonverkleideten Laubengänge verhindern sollte, entstand ein gestalterisches und funktionales Upgrade für Wohn- und Straßenraum gleichermaßen. Das Kopenhagener Büro Tegnestuen Lokal schlug dafür einen radikalen Umbau der Fassade vor. Mit dem Ergebnis, nicht nur die Gebäudeansicht zur vielbefahrenen Straße zu verändern, sondern auch den Bewohner*innen Gemeinschaftsflächen und dadurch zusätzlichen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Eine neue äußere Schicht des Baus setzt sich nun oberhalb des Sockelgeschosses aus verglasten Erkern mit dreieckiger Grundfläche zusammen, die sich wie Waben in unterschiedlichen Breiten schräg aus der Fassadenfläche herausbilden. Der Eindruck einer zurückversetzten Baulinie reduziert sich, die Fassade tritt weitaus mehr in Dialog mit dem umgebenden Raum.
Nach innen sind die Erker als privat nutzbare Fläche konzipiert. Sie sind über die halböffentlichen Erschließungsgänge erreichbar. An der seitlichen Glasfläche bilden Holzlatten einen Sichtschutz und die Unterlage für Kletterpflanzen, die auf vorspringenden Dachgärtchen Platz finden. Nach innen setzt sich die pflanzbare Fläche seitlich der Balkone fort. Die verglaste Wabenfront wiederum lässt sich über verschiebbare Glassegmente bei Bedarf öffnen. Der neu geschaffene Bereich agiert zudem als akustische und dämmende Pufferzone nach außen. Eine wichtige Rolle bei der Neukonzeption der Fassade spielte laut den Architekt*innen die soziale Komponente: Nutzer*innen begegnen sich im Erschließungsflur spontan, die Sitzflächen auf den Balkonen bzw. Erkern, die offen in den Gang übergehen und nach innen nicht abgetrennt sind, laden zum gemeinsamen Aufenthalt ein. Eine erfrischende Idee und ungewöhnliche Erscheinung für einen Geschosswohnungsbau, sei er von gestern oder heute. (sab)
Fotos: Hampus Berndtson
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auch ein | 19.10.2021 10:38 Uhrarchitekt
ich finde das super!
und diesmal das "gartenhaak-denken" (schweizerisches wort...) im positiven!
jeder pflegt sein dreieckchen gegenüber der haustüre.
so funktioniert es im gegensatz zu endlos-laubengängen wo man das fahrrad und den wäschetrockner des anderen vor der nase hat!
kleine massnahme, grosse wirkung.
und gut aussehen tuts auch noch!