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05.08.2020
Frivoles Foyer
Umbau des Stadtcasinos Basel von Herzog & de Meuron
Der Umbau des Stadtcasinos in Basel nach Plänen von Herzog & de Meuron ist abgeschlossen. Die letzte Renovierung und technische Modernisierung der für ihre Akustik hochgelobten Säle des Konzerthauses hatte 1976 stattgefunden, eine umfassende Sanierung des gesamten Gebäudes war immer dringender geworden. Bereits 2005 entschied sich die Jury eines internationalen Architekturwettbewerbs für Zaha Hadid, die sich damit gegen die lokale Prominenz wie Gigon Guyer, Morger & Degelo und Herzog & de Meuron durchgesetzt hatte. Allerdings wurde die Idee eines Teilabrisses des historischen Gebäudes für einen spektakulären Neubau heftig diskutiert und letztlich trotz Überarbeitung in einem Volksentscheid 2007 abgelehnt. 2012 beauftragte die Stadt Herzog & de Meuron direkt mit einer städtebaulichen Studie und anschließend mit dem Umbau.
Von außen ist die Baumaßnahme kaum sichtbar. Die Anstrengungen konzentrierten sich sowohl auf die behutsame Sanierung und Restaurierung der historischen Säle als auch auf die Vergrößerung und Zusammenfassung der Foyerbereiche. Diese brachten Herzog & de Meuron in einer unauffälligen, wenn auch deutlichen Erweiterung des Bestandsgebäudes in Richtung Barfüsserplatz unter: „Der Musiksaal als eigenständiger Baukörper musste größer werden als der bestehende Kernbau von 1876“, schreiben die Architekten. „Er musste sozusagen aus dem Altbau herauswachsen, so als sei es schon immer so gewesen. Darum war es wichtig, den zu ergänzenden Teil, welcher die Räume für Foyers, Service und Künstleraufenthalt enthält, in der zumindest für den flüchtigen Blick gleichen neobarocken Architektursprache zu gestalten.“
Diese geschickte Änderung ermöglicht zugleich eine Öffnung zum Platz: „Der Musiksaal steht nun wirklich auch auf dem Barfüsserplatz, und er tritt neben der mächtigen Barfüsserkirche als gleichwertiger Baukörper in Erscheinung. Es entsteht so ein neuer öffentlicher Raum zwischen Kirche und Musiksaal, der bisher bloß als eine Art Hinterhof wahrgenommen wurde.“ Herzog & de Meuron deuten bereits an, dass es als Nächstes über eine Neugestaltung des Platzes nachzudenken gälte.
Die Vergrößerung des Volumens bot die entscheidende Möglichkeit, angemessene Foyer-Bereiche, Garderoben, Toiletten und Künstlerzugänge zu beiden Sälen zu schaffen, sowohl zum Musiksaal mit 1.400 Plätzen als auch zum Hans Huber-Saal, der mit seinen 400 Plätzen vor allem für Kammermusik genutzt wird. Auf zwei Ebenen bietet das Foyer Zugang zu Parkett und Balkon. Am Musiksaal ließen Herzog & de Meuron dessen alte Außenwand freilegen und auf die gegenüberliegende Seite des Foyers spiegeln, sodass Besucher*innen der äußeren Hülle nun auf zwei Seiten als Innenwand begegnen. Die zwei verbliebenen Seiten sind verspiegelt. Das räumliche Verwirrspiel im zentralen Foyer wird noch verstärkt durch Öffnungen in allen vier Ecken und eine zentrale Deckenöffnung, in der ein auffälliger Lüster hängt. So werden die beiden Ebenen des Foyers akustisch und optisch zu einer verbunden.
„Während wir für das äußere Erscheinungsbild einen simulativen Ansatz verfolgt haben“, schreiben die Architekten, “wollten wir im Innern die stilistischen Elemente des 19. Jahrhunderts zelebrieren und die Künstlichkeit dieser Elemente in Bezug auf Formen, Materialien und Farben noch hervorheben.“ Dies gilt offensichtlich insbesondere für die Treppenhäuser, denen man getrost eine lustvolle Frivolität unterstellen darf. Mit ihren „logenartige Ausbuchtungen“ sollen sie auch als Aufenthaltsraum genutzt werden können. Alle Flächen wurden mit dunkelroter Brokattapete bespannt, beleuchtet wird der Raum von eigens entwickelten Wandleuchten. Deren Lichtspiel reflektiert das silberne Schlagmetall an den Decken – ein Motiv, das sich bis in die Flure und Nebenräume im Untergeschoss fortsetzt, die Herzog & de Meuron in eine üppig-opulente Unterwelt verwandelt haben. Selbst die Toiletten schimmern in satt dunkelroter Lackfarbe.
Ist das ein Hauch von Carlo Mollino im strengen Basel? Die Architekten sagen: „Wir wollten, dass sich die neobarocken, klassizistischen und zeitgenössischen Elemente zu einer neuartigen Architektur zusammenfügen, die es so nur hier, an diesem traditionsreichen, aber nun auch zeitgemäßen Ort in Basel geben kann.“ Am 22. August 2020 wird das Stadtcasino nach gut vierjähriger Bauzeit feierlich neueröffnet. (fh)
Fotos: Roman Weyeneth
Von außen ist die Baumaßnahme kaum sichtbar. Die Anstrengungen konzentrierten sich sowohl auf die behutsame Sanierung und Restaurierung der historischen Säle als auch auf die Vergrößerung und Zusammenfassung der Foyerbereiche. Diese brachten Herzog & de Meuron in einer unauffälligen, wenn auch deutlichen Erweiterung des Bestandsgebäudes in Richtung Barfüsserplatz unter: „Der Musiksaal als eigenständiger Baukörper musste größer werden als der bestehende Kernbau von 1876“, schreiben die Architekten. „Er musste sozusagen aus dem Altbau herauswachsen, so als sei es schon immer so gewesen. Darum war es wichtig, den zu ergänzenden Teil, welcher die Räume für Foyers, Service und Künstleraufenthalt enthält, in der zumindest für den flüchtigen Blick gleichen neobarocken Architektursprache zu gestalten.“
Diese geschickte Änderung ermöglicht zugleich eine Öffnung zum Platz: „Der Musiksaal steht nun wirklich auch auf dem Barfüsserplatz, und er tritt neben der mächtigen Barfüsserkirche als gleichwertiger Baukörper in Erscheinung. Es entsteht so ein neuer öffentlicher Raum zwischen Kirche und Musiksaal, der bisher bloß als eine Art Hinterhof wahrgenommen wurde.“ Herzog & de Meuron deuten bereits an, dass es als Nächstes über eine Neugestaltung des Platzes nachzudenken gälte.
Die Vergrößerung des Volumens bot die entscheidende Möglichkeit, angemessene Foyer-Bereiche, Garderoben, Toiletten und Künstlerzugänge zu beiden Sälen zu schaffen, sowohl zum Musiksaal mit 1.400 Plätzen als auch zum Hans Huber-Saal, der mit seinen 400 Plätzen vor allem für Kammermusik genutzt wird. Auf zwei Ebenen bietet das Foyer Zugang zu Parkett und Balkon. Am Musiksaal ließen Herzog & de Meuron dessen alte Außenwand freilegen und auf die gegenüberliegende Seite des Foyers spiegeln, sodass Besucher*innen der äußeren Hülle nun auf zwei Seiten als Innenwand begegnen. Die zwei verbliebenen Seiten sind verspiegelt. Das räumliche Verwirrspiel im zentralen Foyer wird noch verstärkt durch Öffnungen in allen vier Ecken und eine zentrale Deckenöffnung, in der ein auffälliger Lüster hängt. So werden die beiden Ebenen des Foyers akustisch und optisch zu einer verbunden.
„Während wir für das äußere Erscheinungsbild einen simulativen Ansatz verfolgt haben“, schreiben die Architekten, “wollten wir im Innern die stilistischen Elemente des 19. Jahrhunderts zelebrieren und die Künstlichkeit dieser Elemente in Bezug auf Formen, Materialien und Farben noch hervorheben.“ Dies gilt offensichtlich insbesondere für die Treppenhäuser, denen man getrost eine lustvolle Frivolität unterstellen darf. Mit ihren „logenartige Ausbuchtungen“ sollen sie auch als Aufenthaltsraum genutzt werden können. Alle Flächen wurden mit dunkelroter Brokattapete bespannt, beleuchtet wird der Raum von eigens entwickelten Wandleuchten. Deren Lichtspiel reflektiert das silberne Schlagmetall an den Decken – ein Motiv, das sich bis in die Flure und Nebenräume im Untergeschoss fortsetzt, die Herzog & de Meuron in eine üppig-opulente Unterwelt verwandelt haben. Selbst die Toiletten schimmern in satt dunkelroter Lackfarbe.
Ist das ein Hauch von Carlo Mollino im strengen Basel? Die Architekten sagen: „Wir wollten, dass sich die neobarocken, klassizistischen und zeitgenössischen Elemente zu einer neuartigen Architektur zusammenfügen, die es so nur hier, an diesem traditionsreichen, aber nun auch zeitgemäßen Ort in Basel geben kann.“ Am 22. August 2020 wird das Stadtcasino nach gut vierjähriger Bauzeit feierlich neueröffnet. (fh)
Fotos: Roman Weyeneth
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Blick vom Barfüsserplatz aufs Stadtcasino
Foyer im EG
Blick ins Treppenhaus
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