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27.02.2025
Theatertechnik statt Torfmaschine
Umbau des Karlsbader Kaiserbads von Petr Hájek Architekti
Das tschechische Karlsbad ist dank seiner Thermalquellen und malerischen Lage einer der beliebtesten Kurorte weltweit. Kurgäste wie Touristen schlendern zu jeder Jahreszeit am Ufer der Teplá entlang, um ihre obligatorischen Schnabeltassen mit heißem Heilwasser zu befüllen. Am südöstlichen Ende des Ortskerns, unweit des berühmten Grandhotel Pupp und am Eingang zum weitläufigen Kurpark, liegt das Kaiserbad von 1895. Zu balneologischen Zwecken diente der Bau des Wiener Architektenduos Ferdinand Fellner und Hermann Helmer bis in die 198oer Jahre. Unter Bauherrschaft der Region Karlovy Vary wurde das in die Jahre gekommene Kurhaus saniert und in ein Museum umgewandelt. Petr Hájek Architekti (Prag) ergänzten das 2010 zum Nationalen Kulturdenkmal erklärte Haus nun um einen Saal für Konzerte, Filmvorführungen und Theater.
Bereits vor seiner jüngsten Transformation erinnerte das zweigeschossige Kurhaus an einen Kulturtempel. Wenig überraschend, denn Fellner und Helmer dürften als die europäischen Theaterspezialisten des 19. Jahrhunderts überhaupt gelten. Das zierreiche Äußere im Neorenaissancestil lässt zudem wenig Rückschlüsse auf sein ehemaliges, hochtechnisiertes Innenleben zu. Eine zur Entstehungszeit entwickelte Torfaufbereitungs- und förderanlage ermöglichte die Durchführung von bis zu 2.000 Moorbädern pro Tag. Die komplexe Mechanik dieser Maschine, deren Motoren, Aufzüge und Förderbänder das gesamte 492 Quadratmeter große Atrium füllten, diente den Architekt*innen als Inspiration für den nun dort eingestellten Konzertsaal.
Aus rotem Stahl gefertigt, wirkt die räumliche Addition, die als Figur und in ihrer Multifunktionalität einem Schweizer Taschenmesser ähnelt, wie aus einem Guss. Tatsächlich mussten alle verbauten Elemente durch eine Öffnung im Dach transportiert und vor Ort montiert werden. Ein Verdunkelungsvorhang lässt die von Bogenfenstern durchzogene Bestandsfassade der 100 ehemaligen Baderäume optional verschwinden. Die gesamte Bühnentechnik ist in das Stahlgerüst integriert, ebenso wie Installationen zur Einstellung der Nachhallzeit sowie Richtung, Intensität und Qualität des Schalls. Vorkehrungen für Belüftung und Brandschutz befinden sich wiederum in einem Block über dem Dach des Haupttreppenhauses.
Die Gesamtkosten für Konzertsaal und Sanierung des Kulturdenkmals belaufen sich auf 59,5 Millionen Euro, die Bauzeit betrug insgesamt fünf Jahre. Für das Projekt wurden Petr Hájek Architekti mit dem Tschechischen Architekturpreis 2024 ausgezeichnet. (kms)
Fotos: Petr Polak, Pavel Nasadil, Benedikt Markel, Petr Hájek Architekti
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