Vier Capybaras aus Paris, fünf Zügelpinguine aus New York, zwei blau-gelbe Aras, ein Schwarm falscher Piranhas, zwei junge Seidenäffchen und ein Pärchen Breitschnauzenkaimane – das sind nur einige der neuen Bewohner, die seit August 2020 das wiedereröffnete Biodome Montréal bewohnen. Zwei Jahre lang wurde das Haus – eine Mischung aus Naturkundemuseum, Aquarium und Zoo – renoviert und umgebaut. Die Pläne dazu stammen vom Büro KANVA in Zusammenarbeit mit NEUF architect(e)s (beide Montréal).
Das im wahrsten Sinne des Wortes „lebendige Museum“ ist Lebensraum für mehr als 2.500 Tiere, 800 Pflanzenarten und verschiedene Ökosysteme vom tropischen Regenwald über subantarktische Inseln bis zur kanadischen Labradorküste. Insbesondere die Innenräume des seit 1992 als Biodome fungierenden Gebäudes bedurften einer Überarbeitung; gebaut wurde es ursprünglich als Velodrom für die Olympischen Spiele 1976. Architekt war der Franzose Roger Taillibert, der auch das Olympiastadion sowie den skulpturalen Olympiaturm plante, der inzwischen als Bürogebäude dient.
Um das architektonische Werk sichtbar und die beeindruckende Höhe des Gebäudes erlebbar zu machen, ließen die Architekt*innen zunächst die niedrige Decke im Eingangsbereich abreißen. Im Inneren wurde der Ausstellungsraum ebenfalls geöffnet und die Themenbereiche um einen zentralen Kern angeordnet. Im ganzen Haus sind nun wieder die massiven Oberlichtpaneele zu erleben. Statt gerader Wände verwendete man zur Gliederung eine Art transluzente Membran – die Architekt*innen bezeichnen sie als Haut –, die um eine gebogene Aluminiumstruktur gespannt wurde, die wiederum an der Stahlstruktur des Gebäudes verankert ist. Insgesamt einen halben Kilometer lang und fast vier Stockwerke hoch, soll die weiße Haut für einen dynamischen Museumsbesuch sorgen und den Strukturbeton zusätzlich hervorheben, so Rami Bebawi, Partner bei KANVA.
Vom Eingang führt die wellenförmige Membran die Besucher*innen in einen zehn Meter langen Tunnel zum Kern des Gebäudes. Schlitze in der Membran, sogenannte Eco-Transits, führen zu den fünf Ökosystemen. Am Eingang des subpolaren Bereichs etwa entstand ein Eistunnel, der die Besucher*innen akklimatisiert, während die Geräusche und Gerüche von Papageitauchern und Pinguinen für sensorische Anregung sorgen sollen. Insgesamt wollte man ein Gebäude schaffen, das Mensch und Natur verbindet, betonen die Planer*innen. Dafür wurde unter anderem auf die architektonischen Fähigkeiten der Biber zurückgegriffen. Für den Biber-Beobachtungspunkt etwa verwendete man von Bibern genagten Holz, trocknete es und nutzte es für die Innenauskleidung.
Vertikal wurde dem Haus eine neue, über Stege zugängliche Ebene hinzugefügt, sodass man sich auch durch das Blattwerk etwa des tropischen Regenwaldes bewegen kann. Erreicht wird so auch das Zwischengeschoss, von dem alle Ökosysteme von oben sichtbar sind. Es ist als technische Etage mit interaktiven Exponaten angelegt und gibt zudem Einblicke in die Maschinerie, die zum Erhalt der Anlage erforderlich ist. Beauftragt wurde der Umbau – der als Sieger aus einem internationalenWettbewerb im Jahr 2014 hervorgegangen war – von Space for Life, der städtischen Betreiberin des Museums. Statt der geplanten 17 Millionen kostete er umgerechnet 25 Millionen Euro. (kat)
Fotos: James Brittain, Marc Cramer
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STPH | 09.05.2021 12:10 Uhr...
Toller als Calatrava das ganze Ensemble und da sie sich so auf die Haut rücken, nur in subjektiven Verschnitt erlebbar. Man ist gleich mittendrin ohne das Tier sich als Ganzes vom Leib halten zu können. Eigentlich macht schon die Kamera das Beste draus, als von vorne herein subjektives Medium.
Die künstlichen Einbauwelten schaden deswegen nicht unbedingt. Nur da wo sie einen zentrieren, als körperliche Rundformen wie Lüftungsrohre oder auch die Tiere. Hier kann Zaha Hadid beraten. Eigentlich ihre Liga.
Die Verirrung darf nirgends reißen wie in einer alten Stadt in der man sich nur verirren will.
Die objektive Großform überall in eine Perspektive zwingen. Wie beim Foto bei dem es keine schlechten Motive gibt wenn man nur nah genug rangeht, den Zusammenhang verliert.
Ein permanentes Suchen als zeitliches Erlebnis.