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23.09.2024

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Unten Mittelalter, oben Bier

Umbau der historischen Börse in Brüssel


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Die historische Börse in Brüssel ist ein imposantes, ringsum freistehendes, überwiegend neoklassizistisches Gebäude aus dem Jahr 1873. Der ursprüngliche Entwurf stammte von Léon-Pierre Suys, allerdings wurde das Haus immer wieder umgebaut und erweitert, unter anderem  nach Enwürfen von Jules Brunfaut 1893 und François Malfait 1930. Als die Erbpacht der Stadt ausgelaufen war, zog die Börse 2015 aus. Zuvor hatte die Stadt bereits ein ungewöhnliches Nachnutzungskonzept entwickelt. Den Architekturwettbewerb gewann 2015 ein Team aus Robbrecht en Daem Architecten (Gent), Bureau d'Etudes en Architectures Urbaine (Brüssel) und Popoff architectes (Brüssel).

Das einst den Börsianer*innen vorbehaltene Gebäude ist nun für alle geöffnet. Ein Großteil der imposanten Halle bleibt leer und wird zu einer Passage, die temporär für Veranstaltungen genutzt werden kann. Die Forderung der Stadt, den Innenraum barrierearm mit den umliegenden Stadtplätzen und Straßenräumen zu verknüpfen, war architektonisch nicht ganz einfach umzusetzen, da die Große Halle im tempelhaften, mit Treppenanlagen bewehrten Gebäude gut 3,50 Meter über dem Platzniveau liegt.


Die Architekt*innen ließen drei neue Eingänge in den Sockel schneiden. Der Sichtbeton in diesen Eingangsräumen ist farblich an den französischen Blaustein des Sockels angenähert. Die Zugänge können mit Toren aus Kupfergittern verschlossen werden. Innen führen neue Treppen und Aufzüge zu einer „architektonischen Promenade“. Diese beginnt in der Halle, welche die Architekt*innen als „überdachten Marktplatz“ verstehen. Kleinere Läden und Veranstaltungsräume sowie Kasse, Café und ein Restaurant sind in den Bestand eingefügt. Grafiken der Brüsseler Künstlerin Valérie Mannaerts wurden in den Boden der Halle eingelassen, sie bringen ein spielerisches Element in die majestätischen Räume.

Von der Halle führt die öffentliche Promenade spiralförmig in die Höhe. In den oberen Geschossen ist die „Belgian Beer World“ eingezogen, die nach Ausstellungsräumen über zwei Etagen auf der Dachterrasse in einer Panoramabar mit einer breiten Palette an – genau – Belgischen Biersorten gipfelt. Überdacht wird die Terrasse von kupferglänzendem Metall, das an die reiche Brüsseler Geschichte von Stahl- und Glasarchitektur erinnern will. Das Architektenteam hatte offensichtlich Lust, die neuen Elemente immer wieder mit der Opulenz der historischen Räume zu verknüpfen.

Wem der Sinn nicht nach Bier steht, der kann den entgegengesetzten Weg nehmen. Aus dem Keller führt ein neuer Tunnel zu den archäologischen Grabungen unter der Rue de la Bourse. Hier sind unter anderem die Fundamentruinen eines Franziskanerklosters zu sehen, die auf das Jahr 1238 datiert werden. Licht fällt aus spektakulären Schächten aus kräftigem Beton, die als Öffnungen ins Straßenpflaster geschnitten sind. Passanten können Blicke in die Tiefe werfen. Dazu sind die Schächte von einem auffälligen Messinggitter mit marmornen Handläufen umrahmt. Das Flechtwerk soll an die Körbe erinnern, die früher von den Händlern an der Börse in der großen Halle genutzt wurden. (fh)

Fotos: Sébastian Bez


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

Genius_loci | 24.09.2024 23:37 Uhr

Strg+Z

Das unruhig flirrende Dach und die albernen Biene-Maja-Grafiken auf dem Boden erscheinen völlig deplatziert für ein Denkmal dieses Rangs. Auch die plumbe, asymmetrische Öffnung des Sockels tut dem Gebäude nicht gut. Man wünscht sich unweigerlich den früheren Zustand zurück, auch wenn die Eingriffe innen teilweise ganz gelungen sind.
Wie hat sich eigentlich der Denkmalschutz zu dieser auch nach außen getragenen Kommerzialisierung eines Monuments positioniert?

4

Architektin | 24.09.2024 12:07 Uhr

@reto

Ich stimme ihnen zu. Auf Bild 2 scheint es noch eine ganz angenehme Geste, dass die Börse auf einmal Flügel in Blattgold bekommen hat. Aber auf Bild 4 und 9 wird das Dach doch fragwürdig und will einfach zu viel Aufmerksamkeit für meinen Geschmack.

Die goldene Säule im Eingang finde ich hingegen zum Beispiel ein echt gutes Schmankerl, wie man bei uns sagt. Die verliert sich so im Barock der alten Räume, dass man vergisst, zu fragen, ist das jetzt Alt oder Neu?

Zuletzt: Liebes baunetz, bitte nicht alles Architektengeschwafel übernehmen. Der Beton der Eingangsräume ist an den Blausteinsockel angepasst? Wo denn, wie denn? Bild 11 und 12 sprechen da eine völlig andere Sprache, das ist ganz einfach ein deutlicher Kontrast und der ist übrigens auch okay.

Ach und die Gucklöcher finde ich auch prima und ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass sie den Platz "zunichte machen"... komische Idee. Ich finde sie da eher bereichernd. War das nicht vorher eine Autostraße?

3

Lars K | 24.09.2024 09:04 Uhr

Darf ichs sagen?

Wenn sich sonst keiner traut, ich mach's:

Bier, Börse, Belgien. Basst.

2

reto | 24.09.2024 08:51 Uhr

Innen

ist es gelungen sich beim Umbau zurückzuhalten und vom Bombast durch Schlichtheit abzugrenzen. Außen leider nicht. Für sich genommen eigentlich ein schicker Pavillon, der da aufgesetzt wurde - im Kontext aber für meinen Geschmack zu viel. Auf Bild 9 scheint mir doch als ob mehr Zurückhaltung am Ende mehr Gesamtwirkung und weniger Unruhe gewesen wäre.

1

auch ein | 23.09.2024 15:38 Uhr

architekt

goldig das ganze und sehr protzig!
da nützt auch die süsse "kunst am bau" oder eher kunst am boden nicht mehr viel

und die kucklöcher in die antike sind eine gute idee, die "geländer" im charme eines gorillakäfigs machen den ganzen platz zunichte und unbenutzbar (ausser zum runterkucken)

was soll das "doppelte" Dach? noch mehr gold?

 
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