Es tut sich was an den Berliner Bühnen – zumindest was das Bauliche angeht: Das umstrittene Probebühnenzentrum des Deutschen Theaters von gmp ist fertiggestellt, und die Schaubühne am Lehniner Platz eröffnet ihren umgestalteten Empfangsbereich. Verantwortlich für die Erweiterung zeichnen Barkow Leibinger (Berlin), die das ehemalige Kassenhäuschen in eine Bar umwandelten und die eigentliche Kasse rechterhand in die vormalige Lounge verlegten.
1928 nach Plänen von Erich Mendelsohn als Premierenkino „Universum“ und Kopfbau des WOGA-Komplexes erbaut, beherbergt das Haus mit der charakteristischen Rundung zum Platz hin die Berliner Schaubühne seit 1981. Für die damalige Intendanz Peter Steins modernisierte Jürgen Sawade das im Krieg stark zerstörte und nach dem Wiederaufbau als Revuetheater und Tanzlokal genutzte Gebäude. Hierbei wurde die Fassade in Originalzustand zurückversetzt, im Inneren jedoch zugunsten von (Multi-)Funktionalität auf repräsentative Elemente verzichtet.
Dieser Modernisierung entstammt auch der von außenliegenden Radiatoren umgebene Kassenzylinder, dessen umlaufende Verglasung und geschlossene Rückseite Barkow Leibinger entfernten. Den übrigbleibenden, nun mit organisch geschwungener Arbeitsfläche versehenen Tresen krönt ein auffälliges Lichtsegel aus über 800 Acrylglasröhren. Für die eigentliche Kasse griffen die Architekten eine nicht verwirklichte Idee Sawades auf: Ein langgestrecktes Möbel mit offenem Kassentresen, Sitzbank und hinterleuchteten Werbeflächen folgt der markanten Gebäudegeometrie. Weitere Sitzgelegenheiten wurden in die gegenüberliegenden Fensternischen integriert.
Der Einklang von technischen Anforderungen einer Theaterkasse mit den gestalterischen Besonderheiten des Baudenkmals war die Prämisse des Umbaus. Auf welche Zeit sich die Architekten bei letzterem beziehen, ist nicht ganz eindeutig. Die Wahl der Materialien – vorwiegend weißer Mineralwerkstoff und poliertes Messingblech – lässt sowohl historische Bezüge zum Umbau als auch zur Entstehungszeit des Hauses zu und durchaus Fingerspitzengefühl erkennen. Lediglich die Formensprache der neuen Elemente scheint der für das Theater eher unrühmlichen Ära der 1970er Jahre ein Update verpassen zu wollen. Warum ausgerechnet das Foyer des Theaterhauses, das deutschlandweit über die modernste Bühnentechnik verfügt, nun in Neoretroglanz erstrahlt, erscheint zunächst fraglich. Der etwas biedere Glamour des Empangsbereichs korrespondiert jedoch mit dem leicht angestaubten Charme des beheimatenden Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. (kms)
Fotos: Simon Menges, Ina Reinicke
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Robert | 30.07.2018 16:22 UhrAdieu
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