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22.05.2014
Expressive Vitrine an der Marienkirche
Ulrich-Gabler-Haus in Lübeck von Konermann Siegmund
Ein prominenter Bauplatz mitten im Weltkulturerbe, direkt an der mächtigen gotischen Marienkirche in Lübeck gelegen, eine Stiftung mit Einrichtungen für Behinderte und Büros als Inhalt und ausgegrabene Kellerreste aus dem 13. Jahrhundert als zu erhaltende Vorgabe: Das war die Ausgangslage für den Neubau des „Ulrich Gabler-Hauses“, den das Büro Siegmund Konermann (Hamburg/Lübeck) nach einem gewonnenen Wettbewerb aus dem Jahr 2010 errichtet hat. Ende April 2014 ist es fertig geworden und hat gleich den Otto-Borst-Preis 2014 für Stadterneuerung in der Kategorie „Einzelobjekte“ gewonnen.
Von außen stellt sich das Eckhaus als gelungene Anpassungsarchitektur mit Spitzgiebeln dar, doch der Clou steckt in den beiden Erdgeschossen im Inneren: Die gesicherten Mauerreste werden hier wie in einer Vitrine als Schaustücke präsentiert. Zu dem Zweck sind an dieser Stelle die Erdgeschossfassaden verglast, die Verglasung geht sogar wie bei Gropius' archetypischer „freien Ecke“ um eben jene. Aus statischen Gründen schräg gestellte Sichtbetonstützen sorgen für einen zeitgemäß-expressiven Ausdruck und widerlegen den ersten Eindruck von der braven Spitzgiebel-Altstadtmoderne. Dieter Bartetzko schrieb in der FAZ: „So sollten wir bauen!“
Der Neubau an der Ecke Alfstraße/Schüsselbuden mit einer Nutzfläche von 3.500 Quadratmetern beherbergt eine Behinderteneinrichtung mit Café, Kaffeerösterei, Kantine, Laden, Bonbonmanufaktur, Schauweberei, Töpferei, verschiedene Werkstätten, Kommunikationszentrum, Schule für Heilpädagogik, Büros sowie als gesonderte Einheit Büroräume der Polizei. Seine Gründung besteht aus 99 bis zu 17 Meter hohen Betonpfählen.
In den Umfassungswänden des historischen Kellers ist ein öffentlich zugängliches Café entstanden, das über einen zu den Straßen hin verglasten, zweigeschossigen Luftraum einen natürlich belichteten Außenbezug aufweist. Der einheitlich mit einem hellen Ziegel verkleidete Baukörper wird durch historisch belegte kleine Vor- und Rücksprünge oder Auskragungen gegliedert und nach oben hin durch sechs unterschiedliche, steile, dem Maßstab der Stadt folgende Giebel abgeschlossen. Die Eingänge sind überhöht und weit zurückgesetzt, die Fenster tief in die Leibung gestellt.
In einer Halle vor der Bibliothek im Spitzboden und im Werkraum kann die gesamte Höhe der Giebel erlebt werden. „Vor der Dachterrasse im 4. Obergeschoss erheben sich die Türme der Kirche dramatisch hinter einem scharf geschnittenem Giebel“, erläutern die Architekten. Insgesamt ist das Ulrich-Gabler-Haus ein furioses Beispiel gelungener Stadtreparatur. (-tze)
Fotos: Dorfmüller | Kröger | Klier
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