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24.02.2011
Konsequent bizarr
Tropenhaus im Kanton Bern eröffnet
Nachhaltigkeit kann verschlungene Wege nehmen. In Frutigen, im Schweizer Kanton Bern, wurde jetzt das „Tropenhaus Frutigen“ nach einem Entwurf von Gauer Itten Messerli Architekten, Bern, eröffnet, dem man die Nachhaltigkeit erst einmal nicht ansieht. Was sollte denn an einem hier mitten im Alpenpanorama irgendwie deplatziert wirkenden Tropenhaus nachhaltig sein?
Die Geschichte ist aber auf besonders bizarre Weise konsequent: Bei den Bohrungen für den nahen Tunnel durch den Lötschberg stieß man auf warme Quellen. Würde dieses rund 20 Grad warme Wasser direkt in die umliegenden Gewässer eingeleitet, wäre dies eine direkte Gefahr für die hier beheimatete und ohnehin gefährdete Seeforelle. Flugs erfand man sich die Idee eines Tropenhauses: Hier wird mit dem warmen Wasser ein großes Gewächshaus mit exotischen Pflanzen beheizt, gleichzeitig sollen im Warmwasser sibirische Störe gezüchtet werden. Darüber hinaus erhofft man sich natürlich lokale und internationale Besucher in der neuen Attraktion von Frutigen.
Neben der Nutzung des Quellwassers sorgen ein Kleinwasserkraftwerk, Wärmerückgewinnungsanlagen sowie Anlagen für Photovoltaik, Solarthermie und Biogas für ein Nachhaltigkeits-Rundum-Paket. Das Wasser wird übrigens anschließend in die umliegenden, natürlichen Gewässer eingeleitet.
Gauer Itten Messerli hatten 2006 den Wettbewerb für das 12.200 Quadratmeter große Gebäude gewonnen, das insgesamt etwa 35 Millionen Schweizer Franken gekostet hat. Die Architekten beschreiben ihr Gebäude so: „Die Anlage besteht optisch aus drei Schwerpunkten: den Gewächshäusern mit ihrer typischen Stahl-Glas-Architektur, den Fischbecken und dem Besucherzentrum. Letzteres erscheint schon von weitem wie ein lang gestreckter Felsblock, der von den umliegenden Bergen stammen könnte. Die Fassade besteht aus felsähnlichen Strukturen, einem geometrischen Spiel von Licht und Schatten, das auch im Sinne eines konstruktiven Ornaments gelesen werden kann.“ Diese Fels-Fassade soll einerseits einen Bezug zur Umgebung, andererseits einen „reizvollen Kontrast“ zur Vorstellung eines Tropenhauses erzeugen.
Dabei steckt die Gestaltung voller unaufdringlicher Analogien zur Herkunft des Gebäudes. Der zentrale Eingang ähnelt einer Tunneleinfahrt, in die Ostfassade sind Fragmente der lokalen Gesteine Quarzit, Kalk und Kalzit eingelassen, ja sogar „Vergrößerungen von Versteinerungen, die beim Tunnelbau gefunden wurden.“ „Im Grunde genommen“, so die Architekten, „besteht die Fassade aus vier verschieden kombinierten Grund- und Schalungselementen, insgesamt dann aber aus 67 gegossenen Teilen aus gefärbtem Beton.“
Innen wird man durch einen Erlebnisparcours geführt, den die Architekten mit „dunklen, harten und rauen“ Materialien gestaltet haben. Durch die dunkle Eingangshalle am Bergpanorama vorbei schließen sich die Fischbecken an, die man auch von unten wie in einem Aquarium betrachten kann; am Schluss geht es durch die Gewächshäuser wieder hinaus in die Alpen. In der Kombination aus sorgfältiger innerer und äußerer Gestaltung erscheint es dem Besucher am Ende des Rundgangs auf geheimnisvolle Weise logisch, dass er hier jetzt einen langen Tag mit Skifahren oder Bergsteigen abends mit Tropenfrüchten und Kaviar ausklingen lassen könnte.
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