Mit der Eröffnung des Trauerzentrums Tanatorio de Sancho de Ávila in Barcelona im Jahr 1968 erfolgte in ganz Spanien ein fundamentaler Wandel in der Form des Abschiednehmens von Verstorbenen – hatte die Totenwache bis dahin in privaten Wohnräumen stattgefunden, gab es nun erstmals einen öffentlichen Ort dafür. Jetzt setzt die im Stadtviertel Poblenou gelegene Trauerinstitution erneut Maßstäbe in Sachen Modernität: 50 Jahre nach ihrer Eröffnung bezog sie ein neues Gebäudeensemble, entworfen von JFA – Estudio de Arquitectura aus Sant Cugat de Vallès, einem Vorort von Barcelona.
Auftraggeber des 10.250 Quadratmeter großen Komplexes war das Bestattungsunternehmen Grupo Mémora, welches das Zentrum neben vielen weiteren betreibt. Eine zeitgenössischere Gestaltung und die Anpassung an veränderte Bedürfnisse waren für Sancho de Ávila gewünscht. Der 14 Millionen teure Neubau entstand direkt neben dem alten, in die Jahre gekommenen Gebäude. Das soll zeitnah abgerissen werden, um Platz für andere Nutzungen zu schaffen. Denn Poblenou, einst als „katalanisches Manchester“ bekannt, wird derzeit unter dem Schlagwort „Distrito 22@“ in eine High-Tech-Wohn- und Arbeitswelt transformiert.
Die Intervention von JFA beginnt auf Straßenniveau, denn der Untergrund des Baulands war bereits vollständig belegt: Mittig verläuft die Fahrröhre einer U-Bahn-Linie, gesäumt von einem unterirdischen Parkhaus und bereits bestehenden Untergeschossen einer ehemaligen Fabrik, die erhalten bleiben sollten. Ein darüber neu errichteter dunkler Sockel bildet die Basis für die zwei Volumen und die sie verbindende Grünfläche. Das Ensemble liegt nun 1,50 Meter über den angrenzenden Straßen.
Der größere, horizontal orientierte Baukörper nimmt die wesentlichen Funktionen der Anlage auf. Im Erdgeschoss befinden sich drei Säle für Trauerfeiern – einer für 150 Besucher und zwei für jeweils 250, die wiederum miteinander verbunden werden können. Die beiden L-förmig auskragenden Obergeschosse nehmen 20 verschieden dimensionierte Räume für die individuellen Totenwachen auf – von „Standard“ über „Premium“ bis „VIP“. Straßenseitig verschlossen, öffnet sich die Fassade in Richtung des Innenhofs mit breiten Fensterbändern.
Das kleinere Servicegebäude ist dagegen durchlässiger gestaltet und spielt die Rolle eines Vermittlers zur Umgebung. Der zu großen Teilen transparenten Fassade ist eine vertikal ausgerichtete Brise-Soleil-Struktur vorgelagert, im Inneren des Baus befinden sich Büros und ein Restaurant. Zwischen beiden Volumen entstand ein grüner Innenhof, der als kleiner Park mit Sitzgelegenheiten angelegt wurde. Er ist nur nachts verschlossen und erweitert den öffentlichen Raum in das Trauerzentrum hinein – eine Übergangszone zwischen städtischem Trubel und stillem Abschiedsort. (da)
Fotos: Adrià Goula
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