Gut 150 Meter donnert das Wasser in die Tiefe. Über dunkle, vom Wasser geschliffene Steinkanten und treppenartige Felsvorsprünge. Zwei Wasserfälle, die direkt nebeneinander imposant über die Klippen stürzen und jeden duschen, der dem Skjervsfossen zu nahe kommt. Es ist der Auftakt zur norwegischen Landschaftsroute Hardanger, die sich serpentinenreich um die bewaldeten Berge windet.
Verschlungene Wege führen hinunter zum tosenden Wasser. Dabei beginnt es am Parkplatz etwas weiter oben noch wenig dramatisch. Dort, nordöstlich von Bergen, schlängelt sich der Storelvi als flacher Bach an der alten Hauptstraße zwischen Granvin und Voss entlang. Und dort, am Parkplatz, steht ein Gebäude, das an einen straffen Monolithen erinnert. Das Skjervet Tourism Service Center, entworfen von Fortunen AS aus Bergen.
Hinter der dunklen Natursteinfassade, die von den umliegenden Felshängen stammt, verbergen sich weder Tourist-Info noch Souvenirshop, sondern zwei Toiletten und ein kleiner Technikraum. An ein Stück Fels vom gegenüberliegenden Flussufer soll das skulpturale Gebäude erinnern. So stellt es sich Architekt Nils Mannsåker vor, der das 16,5 Quadratmeter große Haus im Auftrag des norwegischen Straßenbauministeriums entworfen hat.
Basis des keilförmigen Baus ist eine säurebeständige Platte, deren Fassade zum Fluss hin mit reflektierendem Edelstahl verkleidet wurde. Im Kontrast dazu das Innere: beschichtetes, dunkles Sperrholz an den Wänden, Betonfußboden und Glas. Über die gesamte Gebäudehöhe öffnet sich ein schmaler Mauerabschnitt. Ausblick schon von der Schüssel aus.
1,5 Millionen Euro kostete das Ganze. Wozu auch über vier Hektar Außenraum gehören, die die Landschaftsarchitekten Østengen & Bergo (Oslo) gestalteten, mit Stahlzäunen, die seit Fertigstellung 2016 den Weg zum Skjervsfossen sichern, Betonbänken zum Pausieren und einem neuen Wegenetz zum bis dato nur schwer zugänglichen Wasserfall. Während die Norweger gerade Linien und präzise Wände setzten, formten nepalesische Sherpas die meterhohen natürlichen Steintreppen im Gelände.
Die Intention: Sanfte Eingriffe, die trotz moderner Formen schon immer Teil der Landschaft zu sein scheinen. Oberste Priorität: so wenig wie möglich in die Natur eingreifen. „Die Kombination aus zeitgenössischer Form, uralter Handwerkskunst und lokalen Materialien schafft eine zeitlose Dimension des Projekts“, so die Architekten über ihre Gebrauchsarchitektur. (kat)
Fotos: Vidar Herre, Pål Hoff, Steinar Skaar
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