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25.03.2019

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Alle Augen auf Hudson Yards

Thomas Heatherwicks Vessel in New York fertiggestellt


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Als vor knapp drei Jahren erstmals Bilder vom „Vessel“ auftauchten, konnte man leicht glauben, dass dieses Projekt niemals umgesetzt werden würde. Für eine reine Spielerei wäre die bienenstockartige Treppenstruktur mit Kupferschimmer von Thomas Heatherwick (London) schlicht viel zu teuer gewesen. Doch gerade die Üppigkeit der freistehenden Treppenanlage mitten in Manhattan  verrät, dass es sich hier nicht um überflüssige Narretei handelt. Im Gegenteil, selbst angesichts der geschätzten 200 Millionen Dollar Gesamtkosten darf man bei diesem Projekt von einem knallharten Kalkül ausgehen. Denn errichtet wurde die Struktur von Stephen M. Ross und seiner Immobilienfirma Related Companies, die zusammen mit Oxford Properties für die Transformation des unterirdisch auch weiterhin funktionierenden Eisenbahngeländes West Side Yards in ein riesiges gemischt genutztes Hochhausquartier verantwortlich ist.

Hudson Yards, so der Name des Vorhabens, das nach einem Masterplan von Kohn Pederson Fox (New York) am Ende der verlängerten High Line entsteht, ist aktuell eines der größten Immobilienprojekte weltweit. Zahlreiche Bürohochhäuser und Luxuswohntürme werden hier hochgezogen, die wiederum von einem Einkaufszentrum und etwas öffentlichem Raum flankiert werden. Das Zugdepot der Long Island Rail Road wird hierfür mit einer Plattform überbaut, auf der dicht an dicht und etwas chaotisch hohe bis sehr hohe Gebäude stehen. Die Überbauung war dabei schon von Anfang an mitgedacht worden: Zwischen den Gleisen hatte man Platz für die Gründung gelassen. Ehe die Entscheidung für den kupferfarbenen Bienenstock fiel, gab es mehrere alternative Vorschläge.

Der östliche Teil mit Projekten von Büros wie Kohn Pedersen Fox, Roche Dinkeloo, SOM oder Foster + Partners ist nun fast fertig, für den westlichen Teil sind laut Michael Kimmelman von der New York Times unter anderem Frank Gehry, Herzog & de Meuron, Santiago Calatrava und Robert A.M. Stern im Gespräch. Hudson Yards wird also ganz explizit als High-End-Produkt platziert, und in diesem Sinne ist Heatherwicks „öffentliche Skulptur“ – wie auch zum Teil das von Diller Scofidio + Renfro gestaltete Kulturzentrum The Shed – schlicht Teil der Vermarktungsstrategie.

Es ist eine schöne, neue und ziemlich glattgebügelte Luxuswelt, die hier im Werden begriffen ist und die von zahlreichen Kritikern im Wesentlichen als vertikale Gated Community beschrieben wird. Dass trotz der Beteuerung, es handele sich um ein rein privat finanziertes Projekt, in verschiedener Form auch öffentliches Geld geflossen ist – beispielswiese durch Steuernachlässe oder die Verlängerung der U-Bahn –, hilft dabei nicht. Anmerken muss man allerdings auch, dass solche erzkapitalistischen, privatstädtebaulichen Großprojekte in New York eine lange Tradition haben – man denke nur an das Rockefeller Center, das heute längst zum Kanon gehört.

Heatherwicks Konstruktion, die offiziell noch keinen finalen Namen hat (Vessel war lediglich der Arbeitstitel und lässt sich am passendsten mit Hohlgefäß übersetzen) fügt sich mit seiner designten Formensprache aus verspiegelten großformatigen Stahlwaben perfekt in seine kommerziell optimierte Umgebung ein. Interessant ist, wie explizit diese Skulptur mit Blick auf ihre repräsentative Funktion entworfen wurde. Gesucht war ein spektakuläres Aushängeschild für den öffentlichen Platz im Zentrum des neuen Viertels, das sich angesichts der hohen Türme räumlich gut behaupten kann. Die 16-stöckige Treppenanlage sei dabei von indischen Stufenbrunnen inspiriert, heißt es in der Presseerklärung, auch hoffe man so, den vom Landschaftsarchitekturbüro Nelson Byrd Woltz gestalteten öffentlichen Raum in die Vertikale zu erweitern.

Über das Ergebnis kann man streiten, was mit der gerne auch als Dönerspieß bezeichneten Form beginnt, sich über seinen unterstellten Nutzen als reiner Selfiepoint fortsetzt und beim vermuteten neoliberalen Subtext – eine Landmarke als Trainingsanlage – zum Höhepunkt kommt. Als räumliches Objekt und Variation des Genres „Treppenanlage zum Wandeln“ ist das Vessel aber zumindest nicht uninteressant, und auch unter New Yorks Touristen wird es sich vermutlich bald größter Beliebtheit erfreuen. Produziert wurde die Anlage übrigens in einem Land, das sich mit den Themen Tourismus und Repräsentation bestens auskennt: in Italien, in der Stadt Monfalcone in der Nähe von Triest. Von dort aus wurden die Einzelteile des Dönerspieß über den Atlantik nach Manhattan geschifft. (sb)

Fotos: Michael Moran, Francis Dzikowski, Getty Images


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

12

hannhoss | 27.03.2019 08:52 Uhr

Bild 8

verdeutlicht doch sehr schön, womit wir es hier im Wesentlichen zu tun haben: Instagram-Architektur.

11

Claus | 27.03.2019 00:12 Uhr

@ixamotto

die räumliche qualität sehe ich besonders in den bildern 6 und 7. es ist eine struktur die ergangen werden will, ja, muss. auf jedem absatz müssen sich die besucher für eine von 4 möglichkeiten entscheiden, somit ist der punkt an dem man letztlich nach oben gelangt , nicht festgelegt und wird von jeder entscheidung verändert.

diese komplexität in der bewegung, ergibt in meinen augen einen großen mehrwert gegenüber der üblichen wald-und-wiesen-aussichtsplattformen. denn letztlich ist es eine (zugegeben recht teure) aussichtsplattform.

10

solong | 26.03.2019 13:37 Uhr

respect to

... thomas heatherwick ... großartig wenn man es schafft ... einem investor ... so eine ... völlig von nutzen und aufenthaltsqualität befreite ... "großkunst" ... als mehrwert zu verkaufen ... warren buffet hat ja vor jahrzehnten das entscheidende über die nachwuchsrekrutierung in führungsetagen der wirtschaft gesagt ... das scheint hier eingetroffen zu sein ... auch wenn in den 200 Mio. sicher schon der 250 % aufschlage für "weiche kosten" der fondgesellschaft drauf ist ... schade um die verschwendeten resourcen

9

Santa Maria | 26.03.2019 12:36 Uhr

New Yorks

Bilbao-Eiffelturm

8

STPH | 26.03.2019 09:04 Uhr

die dritte Dimension

Schön ist es den Raum zwischen Wolkenkratzern erlebbar zu machen, wie etwa auch mit dem Skytrain in Bangkok, dort auch noch in kurviger Bewegung wie im Tiefflug.

7

ixamotto | 26.03.2019 08:57 Uhr

@Claus

Wo liegt in ihren Augen der räumliche Mehrwert?

6

Claus | 25.03.2019 22:20 Uhr

raumzeigen

marketing? ja sicher, aber auch die erfahrung von raum und bewegung. der vergleich zu stufenbrunnen wie chand baori emfinde ich nicht verkehrt, vielleicht schwingt auch escher ein bissen mit.

investorenarchitektur ist heute immer auch selfie-architektur, abert hier bekommt man auf sein bild einen räumlichen mehrwert, der weit aus der üblichen groß-weit-hoch-tief-spektakulär-gülden-pitoresk-sonnenuntergangs-skala schlägt. das sollte man auch anerkennen und nicht einfach nur argumentlos rumnörgeln...

5

Fritz | 25.03.2019 18:17 Uhr

unfassbar

unfassbar das Teil - was ist da los?

4

dethomas dibou | 25.03.2019 18:16 Uhr

nobel

geht die welt zugrunde.

3

Döner | 25.03.2019 16:40 Uhr

macht schöner

Ein sehr schöner Dönerspieß.

2

ixamotto | 25.03.2019 16:22 Uhr

und weiter:

"...du brauchst meine Liebe nicht."

1

staubmeier | 25.03.2019 15:46 Uhr

um es mit den worten eines ...


... grölemeyer-titels zu fragen:

was soll das?

 
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