Wann darf eine Architektur als erfolgreich gelten? Wenn die Nutzer sich wohl fühlen? Wenn es in Ausstellungen gezeigt und in Büchern publiziert wird? Bei der temporären Markthalle in Stockholms Stadtteil Östermalm ist die Frage nach dem Erfolg leicht zu beantworten. Bereits nach kurzer Betriebszeit zeigt sich laut Aussage des verantwortlichen Architekturbüros Tengbom: Die Händler verkaufen in dem Provisorium 30 bis 50 Prozent mehr Waren als im angestammten Haus nebenan, das gerade saniert wird – ebenfalls von Tengbom aus dem schwedischen Gränna.
Und für diesen messbaren Erfolg ist die Architektur verantwortlich. Davon ist jedenfalls Projektleiter Mark Humphreys überzeugt, wie er bei einem Rundgang durch die Halle betont. Bei der Planung berücksichtigte Tengbom die Wege der Passanten im Stadtteil, denn der temporäre Bau okkupiert für zwei Jahre den ganzen Stadtplatz Östermalstorg gegenüber der historischen Backsteinhalle. Damit das kubische Provisorium in dieser Zeit nicht zu einem unüberwindlichen Hindernis im Viertel wird, sind die vier Eingänge so platziert, dass Fußgänger die Halle auf ihren Alltagswegen bequem durchqueren können. Klar, dass sich da der ein oder andere von den Auslagen der Händler zum Kauf verlocken lässt. Ebenso einladend: die beiden verglasten Gebäudeecken mit den Marktrestaurants, die schon weitem signalisieren, dass es an diesem Ort um gutes Essen geht.
Konstruktion und Gestaltung tragen der Tatsache Rechnung, dass die Halle zunächst nur für zwei Jahre gebraucht wird. Kosten gespart hat Tengbom beispielsweise bei den Materialien: Der obere Teil der Fassade ist rundum mit Modulen aus Polycarbonat verkleidet. Dadurch ist die Halle tagsüber innen schön hell. Und an den langen schwedischen Winterabenden strahlt das Licht nach außen wie eine Laterne. Der untere Teil der Fassade wiederum besteht aus Sperrholzplatten, auf denen unterschiedlich breite Latten aus einfachem Bauholz befestigt wurden. Das ist günstig und wirkt zugleich lebendig. Nicht gespart hat Tengbom allerdings bei der Stimmung: Die Halle ist nicht nur hell, sie ist auch hoch und offen, was dem Innenraum zusammen mit den frischen Fischen, den Obst- und Gemüsebergen und den Süßwaren an den Ständen eine geradezu heitere Atmosphäre verleiht.
Getragen wird der Bau von einer Holzkonstruktion, die von Stahlwinkeln zusammengehalten wird. Damit soll gewährleistet sein, dass die Halle leicht ab- und woanders wiederaufgebaut werden kann. Denn das Provisorium gehört dem Bauherrn, der Stadt Stockholm, und soll wiederverwendet werden, wie Mark Humphreys sagt. Sollte es wirklich dazu komme, wäre das ein weiteres Kapitel in der Erfolgsgeschichte dieses Projekts. Auch die Jury des Mies-van-der Rohe-Award ließ sich von dieser Bilanz überzeugen und setzte die Markthalle in Östermalm auf die Shortlist 2017. (jj)
Fotos: Felix Gerlach