Kein Wunder, dass das atemberaubend schöne Buch Tempel und Teehaus in Japan bereits zum dritten Mal veröffentlich wird. Nicht nur, weil die beiden älteren Ausgaben von 1955 und 1988 nur noch antiquarisch zu finden sind. Sondern viel mehr, weil die Fotografien, die der Schweizer Architekt Werner Blaser (1924–2019) auf seiner Japanreise 1953 von den Holzpavillons der Tempel und der zeremoniellen Teehäuser in und um Kyôto machte, heute genauso wunderbar anzuschauen sind wie vor 70 Jahren.
Dieses Buch ist eigentlich kein Buch, sondern eine Reise. Blaser kommt mit sehr wenig Text aus, die Konzentration gilt den Bildern. Das macht die Erzählung allerdings nicht weniger komplex, denn sowohl die kurzen Texte als auch die überwiegend schwarz-weißen Fotografien sind von fast chirurgischer Präzision. Der viele Weißraum um die meist quadratischen Bilder erhöht die Konzentration und den Fokus auf das Wesentliche der aufgeräumten Räume.
Blaser war gelernter Holztischler. Vor seinem Aufenthalt in Japan hatte er Finnland und die USA bereist, bei Alvar Aalto ein Praktikum absolviert, am IIT in Chicago Mies van der Rohe kennen gelernt und zusätzlich Fotografie studiert. Mit diesen Referenzen im Kopf fiel Blasers Blick in Kyôto insbesondere auf die wunderbaren Details der Holzkonstruktionen sowie die vielschichtigen Beziehungen zwischen Außen- und Innenraum. Selten unterbricht er die Reise, um stark reduzierte Grundrisse oder mit knochentrockenen Strichen eine analytische Perspektive der Räume und ihrer Ausblicke zu zeigen. Mies war von dem Buch übrigens so angetan, dass er Blaser umgehend ein weiteres über seine eigenen Arbeiten machen ließ: Die Kunst der Struktur erschien 1965 nach sechs Monaten intensiver Zusammenarbeit.
Die strenge Ruhe von Tempel und Teehaus in Japan entwickelt eine geradezu hypnotische Wirkung, schnell ist man am Ende der 172 Seiten angekommen. Das Cover stammt vom Schweizer Grafiker Armin Hofmann, das Seitenlayout entwickelte Blaser zusammen mit dem Künstler Richard Paul Lohse. Die Neuauflage ist dabei eine weitgehend originalgetreue Reproduktion der Erstausgabe, allerdings gibt es neben dem Leinen-Einband dieses Mal auch eine kostengünstigere Softcover-Variante. Blaser hatte zwar noch die Idee zu der Neuauflage, konnte daran allerdings nicht mehr mitarbeiten; er starb 2019. So finden sich nun neue Texte seines Sohnes Christian Blaser und von Tadao Ando über Blaser selbst, sowie ein lesenswerter Beitrag von Inge Andritz zur Japanophilie, die nicht nur Mies van der Rohe und Werner Blaser, sondern die zeitweilig die gesamte westlichen Moderne erfasste.
Text: Florian Heilmeyer
Tempel und Teehaus in Japan
Werner Blaser
172 Seiten
Deutsch
Birkhäuser Verlag, Basel 2021
ISBN 978-3-0356-2348-2
42 Euro als Paperback, 78 Euro als Hardcover
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
1
STPH | 07.12.2021 19:44 Uhrganz außer sich
Komisch, je näher es dem Menschen kommt, desto abstrakter wird es mit Rastergrafik und Tatamimodul. Ist also eine vollständige Landschaftsmeditation. Was sagt das über unsere abgeschaute Moderne?
Transformation ins abstakt geistige ist ganz außer sich
Grafik wie aus einem 3D Programm so als wäre der Computer unser Gleichnis. Hier im Kontinuum mit der Landschaft. Eine Ordnung, Zuordnung. Umkehr zu konkreter Ferne und abstrakter Nähe. Man muss diese Kraft und die Wahrheit mal begreifen, die dem innewohnt.