Das Atatürk Kültür Merkezi (kurz AKM) am zentralen Taksim-Platz in Istanbul hat bewegte Zeiten hinter sich. Beständig blickte der travertinfarbene Kubus auf den Platz, wo sich seit Eröffnung des Baus 1969 alle erdenklichen Demonstrationen und mehrere Militärputsche abspielten. Besonders aufgeladen wurde das Gebäude, als 2013 die türkische Regierung direkt zu seinen Füßen gewaltsam die Gezi-Proteste auflöste. Nun wird das Atatürk Kültür Merkezi, das Hayatı Tabanlıoğlu schon in den 1950ern unter dem später hingerichteten Ministerpräsidenten Adnan Menderes konzipiert hatte, beträchtlich umgestaltet. Das Theater- und Konzerthaus soll nach Wünschen des Präsidenten Recep Tayip Erdoğan eine Oper von internationalem Rang werden.
Wo bis heute die schmiedeeiserne Fassadenplastik hängt, die Hayatı Tabanlıoğlu nach einem Gebäudebrand 1977 hinzufügte, soll in Zukunft einer der größten Bildschirme der Welt das Geschehen der Opernbühne auf den Taksim-Platz ausstrahlen. Kultur im Großformat für alle – nach diesem Motto will der türkische Präsident die Spannung von diesem aufgeladenen Ort nehmen. Einem versöhnlichen Pfad folgend, könnte auch die architektonische Tradition des Atatürk Kültür Merkezi fortgesetzt werden: Der Sohn von Hayatı Tabanlıoğlu, Murat Tabanlıoğlu, wird das gigantische Projekt umsetzen.
Gigantisch? Ja, denn neben einer Modernisierung des Bestands wird Murat Tabanlıoğlu eine ganze Kulturmeile an das ursprüngliche Gebäude andocken. Vom Taksim-Platz aus zunächst nur über einen schwebenden Anbau sichtbar, wird sich hinter der historischen Bebauung des Platzes ein breit abgetreppter Gebäudekomplex erstrecken. Mit zwei Flügeln soll diese Gebäudekaskade, in der sich Theatersäle, Shops und Restaurants hintereinander reihen, mit Natursteinverkleidung und Segeldächern aus einer Seite des Bestandsbaus herauswachsen. Eine mittig angelegte, offene Treppe führt zum alten Atatürk Kültür Merkezi.
Den Bestand, der stilistisch eigentlich nicht für die große Geste des Erweiterungsbaus gemacht ist, werden Tabanlıoğlu Architects ebenfalls komplett mit Naturstein verkleiden – innen wie außen. Die sehnige Fassadengliederung des geplanten Annex soll dabei auch im Foyer des alten Kubus weitergeführt werden, was dank der gleichbleibend verglasten Hauptfassade auch auf dem Platz erkennbar sein dürfte.
Spektakulär ist die Umgestaltung des 2.500 Sitze umfassenden Saals. Er soll nämlich nach den Plänen der Architekten von einer tiefroten, runden Schale umgeben werden. Das Bild dieser roten Kugel im erneuerten Kubus hat schon ikonenhafte Züge angenommen. Es kursierte einheitlich durch die Medien in der politisch sonst so zerworfenen Türkei. (sj)
Bilder: © Tabanlioglu Architects
Auf Karte zeigen:
Google Maps
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
1
mehmet | 09.01.2018 16:29 Uhrblond
eine menge blonde Landsleute, scheint mir - ich war lang nicht mehr dort....
ansonsten scheint der entwurf wenig kulturell verankert und das efeu am dach dem zeitgeist geschuldet.