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15.07.2024

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Dezent autonom

Synagogenzentrum in Potsdam von Haberland Architekten


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Am 4. Juli 2024 konnte das neue Synagogenzentrum in Potsdam eingeweiht werden – feierlich und mit allerlei Prominenz. Endlich, möchte man sagen – war Potsdam doch zuvor die einzige Hauptstadt eines deutschen Bundeslandes ohne Synagoge. Endlich aber auch deshalb, weil seit der Wettbewerbsentscheidung satte 16 Jahre vergangen sind. Eine halbe Ewigkeit also, selbst im an Bauverzögerungen gewöhnten Brandenburg.

Gelegentlich hatte es Diskussionen um einen Neubau gegeben, die aber erst nach 1990 – mit dem Wachstum der Gemeinde – Fahrt aufnahmen. In den 2000er-Jahren stellte das Land Brandenburg schließlich ein Grundstück in der Potsdamer Innenstadt zur Verfügung, und nach dem Abschluss des europaweiten Wettbewerbs, den Haberland Architekten (Berlin) für sich entscheiden konnten, wurde 2011 die Baugrube ausgehoben. Dann gab es Streit innerhalb der Gemeinde, worüber wir bereits zur Grundsteinlegung vor drei Jahren berichtet hatten. Seitdem ist die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) Projektträger. Außerdem wurde die Synagoge zu einem Synagogenzentrum, da sie mehrere jüdische Gemeinden unterschiedlicher Strömungen beherbergen wird.

Auch die Entwürfe von Haberland Architekten haben sich in den Jahren immer wieder verändert, wenn auch die Grundkomposition gleichblieb. Bereits 2009 sagte Jost Haberland, der Entwurf wolle die Synagoge im Zusammenhang mit den umliegenden Häusern in der Schloßstraße als zurückhaltenden Stadtbaustein gestalten, der sich nicht in den Vordergrund stelle, als Sakralbau aber dennoch eine dezente Autonomie in Anspruch nehme. Dabei knüpfen die Architekt*innen an die Potsdamer Tradition an, in der Synagogen eher als unauffällige Stadthäuser gestaltet wurden. Die große, neobarocke Synagoge am Wilhelmplatz, die 1945 schwer beschädigt und 1954 abgerissen worden war, bildete hier eine Ausnahme.

Die plastische Staffelung der Fassade, in der sich der Gebetssaal knapp einen Meter in den Straßenraum vorschiebt, sowie der deutliche Höhenversprung zu den beiden Nachbarn formulieren den Anspruch auf Autonomie wohl am deutlichsten. Die meisten anderen Elemente und Materialien orientieren sich sehr stark an der historischen Umgebung. Für die Fassade wurde sandfarbener Klinker gewählt, der an die Brandenburger Kirchen von Stüler oder Persius erinnert. Auch der Mörtel wurde farblich angepasst. Die Form der sieben schmalen Fenster im Gebetssaal-Erker ist ein Kompromiss, der denjenigen Kritiker*innen entgegenkommt, die dem Entwurf zeitweise eine allzu große Unauffälligkeit vorwarfen.

Im Inneren überwiegen helle Holzoberflächen, vor allem im dreigeschossigen Gebetssaal im ersten Obergeschoss. Dieser Saal erhält Licht über die oberen Enden der parabelbogenförmigen Fenster in der Straßenfassade, insbesondere aber durch ein quadratisches Oberlicht mit fast vier Metern Seitenlänge. Bis zu 199 Menschen können im Saal zusammenkommen. Außerdem bietet das Haus eine Dachterrasse, einen Schabbat-Fahrstuhl, eine Mikwe, einen kleineren Veranstaltungssaal, ein Besuchercafé, eine Bibliothek sowie Räume für Kunst- und Musikunterricht. (fh)

Fotos: Stefan Müller


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

2

Lars K | 15.07.2024 17:17 Uhr

Wie! Was!

Ein dezent moderner (!) Bau in Potsdam, und zwar MITTEN in Potsdam, quasi gegenüber vom Schlossnachbau? Donnerknispel, was ist denn nun los, nun scheint ja ALLES möglich, wenn sogar in der deutschen HAUPTSTADT des mühsam-historisch rekonsturierens auf einmal solche Bauen entstehen.

Glückwunsch, Haberland. Auch für das lange Durchhalten. Erstaunlich, dass dann am Ende auch gute Architektur dabei herauskommt (anders als beim Flughafen)

1

reto | 15.07.2024 15:42 Uhr

Joa

, mir gefällt es eigentlich. Sogar bei den "gotischen" Fenstern würde ich sagen, das kann man machen, da es sich um ein religiöses Gebäude handelt. Die Nebenräume finde ich ein bisschen zu profan - das sieht nach einem x-beliebigen Bürobau aus. Was ich schlimm finde, ist das Eingangsportal. Da ist doch was im Plan verrutscht - passiert. Nicht nur, dass der große Bogen so unschön angeschnitten ist. Es sieht auch statisch ungesund aus. Das hätte ich mir anders gewünscht.

 
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