Die Alte Synagoge an der Askanischen Straße in Dessau war während der Novemberpogrome 1938 angezündet und anschließend auf Kosten der jüdischen Gemeinde abgerissen worden. Seitdem hatte es in Dessau kein jüdisches Gotteshaus und auch keine Gemeinde mehr gegeben. Stehen geblieben war allein das benachbarte Kantorhaus von 1908, in dem Kurt Weill als Sohn des Kantors einige Jahre seiner Kindheit verbrachte.
Es war die Kurt-Weill-Stiftung, die 2015 eine Studie für den Neubau einer Synagoge und eines jüdischen Gemeindezentrums in Auftrag gab. Das nun fertiggestellte Gebäude wird daher auch als „Weill-Synagoge“ bezeichnet. Mit dem Projekt beauftragt wurde der Architekt Alfred Jacoby, dessen Büro in Frankfurt/Main ansässig ist. Er hatte jahrelang an der Hochschule Anhalt gelehrt und ist in Offenbach Vorsteher der dortigen jüdischen Gemeinde. Auch hat Jacobys Büro bereits mehrere Synagogen in Deutschland entworfen, zum Beispiel in Darmstadt, Aachen, Kassel und Chemnitz.
Die zerstörte Alte Synagoge von 1908 war ein historisierender Prachtbau gewesen, an den die Neue Synagoge absichtlich keinen Anschluss suchte. Sie sollte kein „Erinnerungsstück an das Alte“ sein, so Jacoby, sondern ein ganz anderes Verhältnis zur Stadt zeigen. Zudem brauche die deutlich kleinere, heutige Gemeinde auch kein Haus in der alten Größenordnung.
Die Neue Synagoge schließt mit einem weißen, eingeschossigen Flügel an die Brandwand des historischen Kantorhauses an. Der Gebetsraum selbst ist in einem Rundbau untergebracht, der zur Straße hin aus dem eingeschossigen Flachbau mit Glasfront heraustritt. Vor den Rundbau wiederum ist eine schwungvolle Kupferwand gesetzt, die den Eingang markiert und mit den Worten „Dies ist ein Haus des Gebets für alle Völker“ verziert ist. Hinter dieser Kupferwand liegt über dem kreisrunden Innenraum die Damenempore.
Für die Gestaltung des Innenraums seien die jüdischen Sakralgegenstände von Bedeutung gewesen, erklärt Jacoby: „Die runde Form bezieht sich auf die Thorarolle mit ihrer Krone und dem Thoraschild. Durch sechs dreieckige Lichtkuppeln bildet sich ein Davidstern über dem Innenraum, der Zenitlicht in den Raum führt.“ Wichtig sind auch die traditionellen Materialien Kupfer und Holz, die erkennbar das Gebäude prägen, etwa durch die sichtbare Dachkonstruktion, den Schrein und das Vorlesepult aus Zedernholz. (fh)
Fotos: Daniel Schenke, Olaf Becker
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