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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Summacumfemmer_und_Buero_Juliane_Greb_in_Muenchen_7634559.html

14.06.2021

Wohnen im Schaltraum von San Riemo

Summacumfemmer und Büro Juliane Greb in München


San Riemo, nein, das ist kein Schreibfehler, sondern ein Wohnhaus für rund 100 Menschen in der Messestadt Riem im Osten von München. Es ist das erste Projekt der 2015 gegründeten Wohnungsbaugenossenschaft Kooperative Großstadt, die hier als Bauherrin auftritt. Im Jahr 2017 hatte sie viel Aufsehen mit einem offenen und öffentlich jurierten Wettbewerb erregt – und sich gleich darauf Kritik eingefangen, weil sie das selbst gesteckte Ziel, den 1. Preis mit der Realisierung beauftragen zu wollen, nicht einlöste und aus wirtschaftlichen Gründen die Zweitplatzierten beauftragte.

Das im Dezember 2020 fertiggestellte Haus, geplant von der Arge Summacumfemmer Büro Juliane Greb (Leipzig und Gent), umfasst auf rund 4250 m² oberirdischer Bruttogrundfläche 27 Wohneinheiten, die unter der Prämisse maximaler Wohnflexibilität konzipiert wurden. Das Haus möchte dem Phänomen entgegenwirken, dass Menschen in zu großen oder zu kleinen Wohnung ausharren, da sie aufgrund hoher Mieten einen Umzug scheuen. Und es soll berücksichtigen, dass man im Laufe seines Lebens mal mehr und mal weniger Platz benötigt.

In diesem Sinne verstehen die Architekt*innen Anne Femmer, Juliane Greb, Petter Krag und Florian Summa das Gebäude als Infrastruktur für unterschiedliche Lebensstile. Alle fünf Geschosse folgen dem gleichen Grundraster: außen die Zimmer, in der Mitte des Baukörpers die Bäder und Küchen, über die auch erschlossen wird. Es gibt keine definierten Flure, Abstellräume oder Kinderzimmer. An der Decke zeichnen Unterzüge das Grundraster der 14 Quadratmeter großen Raumeinheiten vor. Wie viele Wände gestellt werden, und wo Türen sein sollen, kann individuell entschieden werden. Zimmer können hinzugeschaltet, an die Nachbar*in abgegeben oder geteilt werden. Mitunter sind drei oder vier Wohnungen über ein „Treppenzimmer“ verbunden, das zum Beispiel als Wohn- oder Spielzimmer, Büro oder Fitnessraum genutzt werden kann. Geschaltet wird über Türen, also ohne, dass eine Wand gestellt oder abgerissen werden muss. Damit kein Streit über die Energiekosten entsteht, kann der Verbrauch direkt am Heizkörper abgelesen werden.

Der Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss zeigt sich als vier Meter hohe Halle. Er ist – ähnlich wie beim Wohn- und Gewerbeprojekt Kalkbreite in Zürich – Verteiler, Waschsalon, Küche, Bibliothek, Kinderwagenabstellraum und Werkstatt zugleich. Die Gewerberäume im Erdgeschoss sind an eine Stiftung zur Förderung benachteiligter Jugendlicher vermietet. Im ersten Obergeschoss vermietet die Genossenschaft Räume an eine therapeutische Wohngemeinschaft. Mit dieser Vielfalt an sozialen und gemeinschaftlichen Nutzungen folgt das Projekt nicht zuletzt dem Vorbilder der Münchner Genossenschaft WagnisART.

Auch von außen wirkt das Haus erfrischend anders. Weißes Wellblech schützt das Holzständerwerk der Fassade, die an allen Seiten unterschiedlich ausfällt. Im Osten gibt es Bandfenster, zum Platz nach Süden ist sie geschlossen. Im Westen findet sich eine „Wintergarten“-Schicht vor den eigentlichen Wohnräumen – als Pufferzone zur Straße und als unbeheizte Wohnungserweiterung. Bauliche Abtrennungen gibt es hier nicht, Kinder und Haustiere können ungehindert passieren. Auffallend ist auch die Farbgebung: mintgrün die Fassade, rosa die Sonnenstoren, violett und hellblau die Treppenhäuser. Das haben die Bewohner*innen gemeinsam so entschieden. (fm)

Fotos: Petter Krag, Florian Summa


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