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23.08.2017

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Demonstrativ undiszipliniert

Studio in Shanghai von Atelier GOM


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Das Potential von Kunst und Kultur als Mittel der Stadtplanung ist nun schon seit Jahrzehnten ein Thema. Dabei sind sie nicht nur eine Voraussetzung des Strukturwandels hin zur Wissensgesellschaft, es ergab sich zugleich auch gut, dass sich – im europäischen Kontext – viele leerstehende Fabriken für die Kreativproduktion anboten. In China, das nun ebenfalls recht erfolgreich sein schnell wachsendes kulturelles Kapital zu nutzen weiß, stellt sich die Sache hingegen komplizierter dar. Fabrikumbauten gibt es zwar längst auch dort, aber industrieller Leerstand ist trotzdem eher die Ausnahme. Die Lösung: Eigene Stadtteile, die dem Experiment dienen, wie beispielsweise in Shanghai die West Bund Art Demonstration Zone.

Dass diese Idee des geplanten urbanen Experiments nicht nur ein bürokratisches Hirngespinst ist, zeigt beispielsweise das Gebäude von Studio MOA, einem Nebenprojekt des etablierten Architekturbüros Atelier GOM (Shanghai). Für fünf bis 10 Jahre wollen sich die Verantwortlichen hier ein Raumexperiment leisten, das primär auf Design, Kunst und Performance fokussiert und als Veranstaltungsort dient. Das Gebäude, das hierfür errichtet wurde, kann dabei im besten Sinne als temporär verstanden werden: Es ist nicht nur mit einem absehbaren Verfallsdatum versehen, sondern auch dauerhaft im Wandel begriffen.

Entworfen wurde das Studio, das am ehesten als multifunktionale Struktur zu beschreiben ist, von Zhang Jiajing. Die Architektur aus dünnen Stahlprofilen und transluzenten Polycarbonatplatten erinnert dabei entfernt an die Gewächshausinterpretationen von Lacaton & Vasall. Im Gegensatz zu deren purem Ansatz verwenden GOM jedoch viele recycelte Materialien, die dem Gebäude einen auf angenehme Weise gebastelten Charakter verleihen. Pavillonartige Räume wie die zentrale Ausstellungshalle mit ihren gewölbten Deckenelementen und dem geschliffenen Boden treffen auf rustikalere Zonen aus Backstein und Holz.

Jenseits seiner Materialien ist das Grundprinzip des Gebäudes aber seine unbedingte Offenheit. Angelegt als eine Art dreischiffiger Grundriss mit seitlichen Patios und einem eingeschobenen Café sollen sich alle Aktivitäten des Studios bewusst überlagern. Rückzugsorte gibt es dabei nur wenige, aber immerhin ein kleines Häuschen in der Haupthalle, das als Meditationsraum dient. Die Architekten beschreiben die Haltung ihres Gebäudes übrigens als gleichermaßen undiszipliniert wie bescheiden  – eine Mischung, die in der Architektur ruhig öfter demonstriert werden könnte. (sb)


 
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