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20.09.2021
Wohnregal mit Ziegeln
Studio Schwitalla und Danner Yildiz in Tübingen
Der Heuberger-Tor-Weg liegt so weit im Nordwesten von Tübingen, dass man sich unwillkürlich fragt, ob er eigentlich überhaupt noch Teil der Stadt ist. Vom Nordring abzweigend führt der Weg hinaus in die offenen, hügeligen Felder. Dennoch fiel die Wahl auf diesen Standort, als 2016 nach einem Bauplatz für ein Wohnhaus für Neu-Tübinger – insbesondere Geflüchtete und Student*innen – gesucht wurde. Direkt neben dem bestehenden Terrassenhaus des Internationalen Dozentenwohnheims der Universität Tübingenlag lag nämlich ein großer Parkplatz, der bebaut werden konnte. Die Anbindung ist exzellent: Mit dem Bus kommt man in 15 Minuten zur Universität und in 25 Minuten zum Hauptbahnhof.
Auf dem ehemaligen Parkplatz entstanden im Zuge eines Konzeptvergabeverfahren zwei Bauten. Das östliche, etwas höhere Haus stammt vom Tübinger Büro Hähnig Gemmeke. Direkt daran anschließend liegt das „Tübinger Regal“ von Studio Schwitalla (Berlin) und Danner Yildiz Architekten (Tübingen). Die beiden Büros hatten das Verfahren 2016 zusammen mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Kreisbau für sich entscheiden können.
Wie der Name schon sagt, ist das Haus tatsächlich eine Regalstruktur aus Stahlbeton, die ein wenig an Le Corbusiers Maison Dom-Ino denken lässt. Das Gebäude stellt sich mit seinem Sockel in das nach Süden abfallende Gelände. Im Sockel liegen Waschküche, Nebenräume und Autostellplätze, im Erdgeschoss ein Gemeinschaftsraum und vier Wohnungen. Vor dem Sockelgeschoss wurde ein Gemeinschaftsgarten angelegt. Im ersten und zweiten Obergeschoss liegen je vier Wohnungen mit zwei oder drei Schlafzimmern für Familien oder kleine Wohngemeinschaften. Im obersten Stockwerk befinden sich zehn Kleinstwohnungen mit 27 Quadratmetern, nur eine davon verfügt über zwei Zimmer.
Die Schlaf- und Arbeitsräume gehen jeweils nach Norden, mit Blick über die Felder. Nach Süden liegen die Küchen und Wohnbereiche mit Blick über Tübingen. Der Laubengang vor den Wohnungen erhöht die Flexibilität der Wohnungseinteilung auch mit Blick auf eine zukünftige Nutzung. Gleichzeitig dient der Laubengang als sozialer Treffpunkt und halb-öffentlicher Freiraum, dabei ermöglicht der gezackte Verlauf der Fassade kleine Sitznischen vor jeder Wohnung. Das Stahlbetonregal dient als robuster Rahmen. Die Fassaden bestehen aus nicht-tragenden Holzrahmen und einer Klinkerfassade aus unverputzten, rezyklierten Ziegelsteinen, die bereits 110 Jahre alt sind.
Das Projekt ist so dauerhaft angelegt wie diese Ziegel: Die zwölf Wohnungen auf den unteren Etagen sind für zehn Jahre an die Stadt vermietet und stehen geflüchteten Familien zur Verfügung. Anschließend können sie auf dem freien Markt angeboten werden, müssen dann aber für 40 weitere Jahre 17 Prozent unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete angeboten werden. So soll das „Tübinger Regal“ langfristig als bezahlbarer Wohnraum für alle Tübinger*innen gesichert werden – egal, wie lange sie schon in Deutschland sind. (fh)
Fotos: Laurian Ghinitoiu
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