Der Begriff „dritter Ort“ beschreibt in der Raumsoziologie ein Dazwischen – einen Raum, der sich beispielsweise weder dem Familien- noch dem Berufsleben zuordnen lässt. Das können – ganz konkret – ein Biergarten oder eine Bibliothek sein, im weitesten Sinne also Treffpunkte, die nahezu allen offen stehen. In Udaipur, im Süden des indischen Bundesstaates Rajasthan, beauftragte die ortsansässige, gemeinnützige Organisation Dharohar das Büro Studio Saar (Udaipur) mit dem Entwurf eines solchen dritten Ortes. Geplant ist ein großes Lern- und Kulturzentrum, in dem Freizeit-, Kultur- und Bildungsprogramme angeboten werden.
Bisher führte die Organisation Dharohar vor allem Projekte in Schulen durch. Um ihr Programm zu erweitern und andere Bevölkerungsgruppen einzubeziehen, entwickelten sie zusammen mit Studio Saar bereits den Third Space Mini – einen 1.700 Quadratmeter großen Raum in einem Einkaufszentrum. Nach dem Erfolg des Projekts entstand die Idee für ein größeres Zentrum, das vor allem Kindern und Jugendlichen der Umgebung eine Einrichtung bietet, die ansonsten nicht für sie zugänglich wäre. In dem neuen Lern- und Kulturzentrum sollen ein Theater für Filmvorführungen und Vorträge sowie ein Café, ein Laden und ein Geschäft untergebracht werden. Geplant ist ein breites Spektrum an Aktivitäten, Workshops und Laboren.
Das Projekt trägt neben der Bezeichnung Third Space auch den Namen Haveli of Curiosity. Der Name bezieht sich auf die traditionelle Hausform des Haveli – ein palastartiges Wohnhaus mit Räumen rund um einen zentralen Innenhof. Auch Studio Saar ordnet Kreuzgänge rund um einen zentralen Platz an. Überhaupt zitieren die Architekt*innen viele Elemente lokaler und traditioneller Bauweisen. Da gibt es etwa die „Gokhadas“, eine Art Loggia, deren Wände mit sogenannten Jalis aus weißem Marmor verkleidet werden – das sind perforierte Wandelemente, wie sie unter anderem in hinduistischen Tempeln zu finden sind.
Auch für Natur soll gesorgt werden. Auf dem Dach wird sich ein Garten befinden, der Third Space soll außerdem mit einem 50 Hektar großen, wiederaufgeforsteten Wald auf der anderen Straßenseite verbunden werden. Die Bauarbeiten begannen im Dezember 2020 und sollen im Frühjahr 2023 abgeschlossen werden. (dsm)