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02.10.2018

Gentle Brutalism

Studierende bauen Kunstpavillon in Lausanne


Von Friederike Meyer

Dass Architekturstudierende während ihrer Ausbildung einen Entwurf selbst bauen, gehört an vielen Hochschulen inzwischen zum Teil des Lehrplans. Das von Anja Fröhlich und Martin Fröhlich geleitete Designstudio EAST an der EPFL in Lausanne stellt sich dieser Herausforderung seit 2013. Bei ihrer Projektserie „CABANON“, einer Kooperation mit der benachbarten Universität in Lausanne (UNIL), konfrontieren sie die Studierenden nicht nur mit dem Selbstbau, sondern auch mit Themen der Baustoffressourcen und Nachnutzung. Auf dem Gelände der UNIL entstand in Zusammenarbeit mit dem Künstler Karsten Födinger und 27 Studierenden des dritten Bachelorstudienjahres ein temporärer Kunstpavillon für die Studentenvereinigung „Le Cabanon“.

Dem Bau ging zunächst eine aufwendige Materialrecherche und Vermessung im so genannten „Spendergebäude“ voraus: Das ehemalige landwirtschaftliche Forschungszentrum in St. Aubin, eine von Jakob Zweifel & Heinrich Strickler 1967 bis 1970 gebaute Ikone des Brutalismus, ist nach zweijährigem Leerstand auf der Suche nach einem zweiten Leben. Dafür war es einerseits notwendig, die einzelnen Elemente des Bestands zu inventarisieren und auf Demontierbarkeit zu untersuchen. Andererseits galt es zu prüfen, was sich für den geplanten Pavillon oder den Umbau der Gebäude eignen könnte. Unter dem Titel „Gentle Brutalism“ stand die Suche nach neuen Progammen ebenso im Fokus wie die Frage des modularen Bauens. Die Studierenden protokollierten und programmierten.

Am Ende stand ein Katalog aus Bauteilen und möglichen Nutzungen, mit dem der Eigentümer zum architektonischen Ressourcendenken aufgefordert wurde. Aus diesem überließ er den Studierenden 60 Balken, 236 Bretter, 918 Betonsteine, Metallplatten und zwei Schiebetüren. Auf Basis jener Materialressourcen erarbeiteten sie zunächst 27 Entwürfe und präsentierten sie einer international besetzten Jury, die ein Konzept für die Realisierung auswählte. Denn aus akademischer Sicht ging es nicht nur darum, das re-use-Potenzial in der Architektur zu ergründen und das Entworfene dem direkten Praxistest zu unterziehen. Die Teilnehmer sollten zusätzlich die Mechanismen von Wettbewerbsjuries verstehen und das Präsentieren trainieren.

Nach der Konkretisierung des Siegerentwurfs sowie der Planung von Bauabwicklung und Anschlussdetails entstand der Pavillon innerhalb weniger Wochen im Mai 2018. So entwickelte sich das Gewinnerprojekt durch den Wissens- und Fertigkeitstransfer der Gruppe von einer Einzelautorenschaft zum Teamprojekt. Für das quadratische Fundament verwendeten die Studierenden die Metallplatten, installierten darauf ein Holzlattenraster und beplankten dieses mit Brettern. Die vielen Betonsteine vergossen sie zu modularen Wänden und reduzierten damit den Einsatz neuen Materials jeder Wand um 37 Prozent. Analog dem Tilt-up-Verfahren, das Rudolf Schindler bereits 1922 zum Bau seines Hauses nutzte, gossen sie die Wände vor Ort auf dem gebauten Holzplateau und richteten sie nach drei Tagen auf.

Für das textile Dach entwickelte der Künstler Karsten Födinger eine Serie charaktervoller Betonstützen. Auch sie nutzen vergessene Gartenpfosten nach. Von Oktober bis Dezember wird der Pavillon nun durch Künstler wie Simon Deppierraz, Eric Hattan, Philipp Schaerer und Mathias Pfund auf seine Ausstellungs­­würdigkeit getestet. Danach ist auf dem Grundstück ein Institutsneubau geplant. Was mit den modularen Bauteilen passiert, ist noch offen. Ein Abbau und Wiederaufbau in veränderter Form ist in jedem Fall möglich. Die UNIL denkt derzeit darüber nach, den Pavillon als Infopunkt für die neue Baustelle zu nutzen.


Zum Thema:

lecabanon-unil.ch/fr_FR/pavillon/
Die Autorin war Teil der Jury, die die studentischen Entwürfe beurteilte.
Zum Team der Studierenden gehörten: Giovanni Abdalla, Pauline Allaz, Emma Ammeter, Lucas Balet, Amélie Bès, Giancarlo  Bionda, Axelle Bosman, Marc De La Gandara, Ana de Lima Carvalho, Melchior Deville, Clea Di Martino, Marion Fonjallaz, Thomas Gobet, Mathias Helfenstein, Viviane Hersche, Jessica Jost, Thomas Lang, Basil Merz, Jeremy Morris, Alessandra Ortelli, David Perret, Lucien Roy, Merlin Rozenberg, Eda Senn, Alexane Varone, Maude Voutat, Noémie Zurbriggen
Zum Team EAST: Anja Fröhlich, Martin Fröhlich, Guilia Altarelli, Tiago P. Borges, Maxence Derlet


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Der Pavillon aus umgenutzten Elementen des so genannten Spendergebäudes entstand innerhalb weniger Wochen im Mai 2018.

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Für das textile Dach entwickelte der Künstler Karsten Födinger eine Serie charaktervoller Stützen. Sie nutzen vergessene Gartenpfosten aus Beton nach.

Für das textile Dach entwickelte der Künstler Karsten Födinger eine Serie charaktervoller Stützen. Sie nutzen vergessene Gartenpfosten aus Beton nach.

Dem Bau ging eine aufwendige Materialrecherche und Vermessung des landwirtschaftlichen Forschungszentrums in St. Aubin voraus.

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„Gespendete“ Betonsteine wurden zu neuen modularen Wänden gegossen. So reduzierten die Studierenden den Einsatz neuen Materials jeder Wand um 37 Prozent.

„Gespendete“ Betonsteine wurden zu neuen modularen Wänden gegossen. So reduzierten die Studierenden den Einsatz neuen Materials jeder Wand um 37 Prozent.

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