Metallverkleidete Fassaden sind im französischen Wohnungsbau momentan en vogue. Doch wer etwas auf sich hält als Architekt, kann natürlich begründen, warum er es so macht wie die Kollegen – und doch ganz individuell entschieden hat. Für das Pariser Büro GARDERA-D Architecture war es die ungewöhnliche Nachbarschaft des kürzlich eröffneten Studentenwohnheims in Bordeaux, die es dazu brachte, das Haus mit Alupaneelen zu verkleiden.
Warum? Das gehobene Wohnheim mit 145 Zimmern liegt direkt neben einem riesigen U-Boot-Bunker. Der massiven Materialität des Betonkörpers wollten die Architekten eine gewisse Leichtigkeit gegenüberstellen. Sie verkleideten ihren neun Geschosse hohen Bau deswegen mit schmalen Paneelen, deren Oberflächen wiederum auf drei unterschiedliche Arten behandelt wurden. Die Fassade soll dadurch einen spielerischen Effekt bekommen und sich im wechselnden Licht unterschiedlich darstellen.
GARDERA-D setzten ganz bewusst auf Kontrast. Das Haus entstand in Bassins à flot – einem Dockhafen in relativer Nähe zur Innenstadt, der momentan nach Plänen des Büros ANMA Agence Nicolas Michelin & Associés entwickelt wird. Postindustrielle Hinterlassenschaften, vergleichsweise große Freiräume, Wasserflächen und mehr oder weniger avancierte Neubauten treffen hier aufeinander. Der glänzende Neubau mit seinen 145 Zimmern und neun Maisonetten markiert in diesem Sinn einen weiteren Schritt im städtebaulichen Erschließungsprozess.
Ein Haus mit einem solchen Programm muss man immer auch nach den Vorstellungen von Kollektiv, Gemeinschaft und Individuum befragen, die sich im Entwurf abzeichnen. Mindestens dreierlei fällt auf: Erstens, die große Garage mit 82 Stellplätzen im zweigeschossigen Sockelbereich des Hauses, die klar macht, dass man hier primär auf halbwegs gut betuchte, motorisierte Studenten als Klientel setzt. Zweitens, die relative Abgeschlossenheit des Hauses zum öffentlichen Raum auf Erdgeschossebene: Kein einladendes Foyer, kein Café oder irgendeine Form von Gemeinschaftsraum ist zu sehen. Wenig glücklich sind in dieser Hinsicht auch die nach Südwesten orientierten Außensitzplätze der Maisonetten auf Erdgeschossniveau. Drittens, das Fehlen von Gemeinschaftsräumen auf den Geschossen mit den studentischen Zimmern. Es gibt weder Küchen mit Essplätzen noch irgendeine Form eines wie auch immer gestalteten Aufenthaltsbereichs, der informellen Austausch in nächster Nähe des eigenen Zimmers mit den direkten Nachbarn ermöglichen würde.
Öffentlichkeit innerhalb der Anlage wird nur auf dem Dachgarten im zweiten Obergeschoss artikuliert, also zentralisiert, introvertiert, ja geradezu abgeschnitten vom städtischen Außenraum. Letztendlich drängt sich hier das Bild eines stark ökonomisch orientierten Projekts auf, das sich in Struktur und Form zwar spannend zeigt, nicht aber die entscheidenden Schritte macht, um im Kleinen qualitative Halböffentlichkeit und differenzierte Kommunikationsangebote zu schaffen. Die aber braucht es, um ein solches Haus in ein wirklich lebendiges Gebilde zu verwandeln. (gh)
Fotos: Jean François Tremege
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