Wohnen im historischen, zeitgemäß sanierten Bauernhaus ist für viele ein Traum. Meist sind dafür beträchtliche finanzielle Ressourcen vonnöten und am Ende lebt man weit draußen auf dem Land. In Viby, einem Vorort südwestlich von Aarhus, gibt es seit kurzem ein Haus, das dem Wunsch nach Landleben ziemlich nahekommt, ohne dass man besonders viel Geld mitbringen oder die Mühen des Wohnens auf dem flachen Land in Kauf nehmen müsste. Es handelt sich nämlich um ein Studentenwohnheim – und zwar um ein recht ungewöhnliches.
Im Auftrag einer lokalen Investorengruppe sanierte das junge Kopenhagener Büro lenschow & pihlmann einen typisch dänischen Bauernhof aus dem 17. Jahrhundert und erweiterten diesen um mehrere Wohnhäuser. Sechs Jahre hatte das Søgaard genannte Haus leer gestanden, nachdem der letzte Besitzer gestorben war. Es steht zwar unter Denkmalschutz, doch gerade weil es nicht in der höchsten Schutzklasse des dänischen Denkmalschutzsystems ist, war es – laut Aussage der Architekten – schwierig, ein tragfähiges Konzept und Geld für die angemessene Sanierung und Neunutzung zu finden. Sogar ein Abriss stand im Raum. Mit dem jetzigen Ergebnis kann man zufrieden sein: Das Haus wurde reaktiviert, blieb halböffentlich und bietet nun mitsamt Ergänzungen knapp 1.200 Quadratmeter Wohnraum für Studierende.
Vor den Häusern sieht es aus wie in einem Dörfchen, hinter den Häusern liegt dichtes Grün – und mit dem Rad ist man in einer halben Stunde an der Universität. Wer lieber den PKW nutzt, hat die Autobahn in nächster Nähe. Vorstädtische Malls gibt es ebenfalls ums Eck. Um die 60 Menschen leben in den insgesamt 56 Wohneinheiten, die die Architekten in den drei Flügeln des historischen Fachwerkbaus und in den Neubauten unterbrachten. Circa 530 Euro Miete kostet ein Apartment. Im dänischen Kontext ist das nur geringfügig mehr als die durchschnittliche Miete in Studentenwohnheimen.
Städtebaulich orientierten sich die Architekten am historischen dänischen Straßendorf. Die Neubauten greifen in ihrer Kubatur den Bestandsbau auf, rahmen ihn und schaffen eine kompakte Abfolge an Gassen und kleinen Plätzen. Bei den Neubauten klingt die strukturelle Logik des ländlichen Bauens mit Holz an. Typologisch griff man auf eine bewährte Konfiguration zurück: Im Erdgeschoss wird gewohnt, auf der Galerie im offenen Dachbereich geschlafen. Ein großer Gemeinschaftsraum in der ehemaligen Scheune und der Innenhof des Bauernhauses fungieren als logisches Zentrum der Anlage.
Bei der Sanierung des Bauernhofs wurden Alt und Neu klar kontrastiert. An einem Bauteil erfolgte eine Wiederherstellung des unterhaltsaufwändigen Reetdachs. Die beiden weiteren Altbauflügel und die Neubauten erhielten eine Eindeckung aus Aluzinkblechen. Prägnant ist die Isolierung der Innenwände. Hier war ein relativ starker Wandaufbau nötig, der im Bereich der originalen Fenster raumhoch aufgeschnitten und verglast wurde.
Das Projekt ist sicherlich kein Prototyp für studentisches Wohnen im 21. Jahrhundert, aber eine kluge Antwort auf eine spezifische Situation. Der Erhalt und die Revitalisierung des Bauernhofs ist mehr als begrüßenswert. Die Ergänzung ist gelungen, das städtebauliche Setting und die Ausführungsqualität überzeugen. (gh)
Fotos: Hampus Berndtson
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Steffen | 08.08.2018 16:19 UhrAch, nochmal Student sein dürfen...
Da würde ich gerne "ewiger Student" sein.
Mit der Bude von Bild 21.
Klasse!