Der Gründer des berühmten Feltrinelli-Verlags, Giangiacomo Feltrinelli, war einer der ungewöhnlichsten Figuren der italienischen Nachkriegszeit. Als Verleger, Politiker und Revolutionär wird er beschrieben, mit Che Guevara war er ebenso befreundet wie mit Rudi Dutschke und seine letzten Jahre verbrachte er im politischen Untergrund. Bis heute ist sein Tod bei einer Bombenexplosion 1972 ungeklärt.
Die Fondazione Giangiacomo Feltrinelli kümmert sich seither mit sozialen und politischen Themensetzungen um das ideelle Erbe Feltrinellis. Demnächst wird die Organisation ihr neues Hauptquartier im Norden der Mailänder Innenstadt beziehen, das von Herzog & de Meuron (Basel) entworfen wurde. Mit ihrem schlanken Riegel ist ihnen nicht weniger als eine architektonische Würdigung Feltrinellis gelungen. Städtebaulich besteht das Projekt genaugenommen aus drei ähnlichen Gebäuden, von denen zwei durch einen schmalen Spalt getrennt sind.
Der ungewöhnliche Standort der Neubauten an der Porta Volta geht auf die Schleifung der alten Befestigungsmauern zurück, aber auch die Spuren des Zweiten Weltkriegs sind hier in der Stadtstruktur noch ablesbar. Die Architekten schlagen langgezogene Gebäude mit einer Fassadenstruktur aus Betonrahmen vor, die unmittelbar in ein spitzes Giebeldach übergehen. Lombardische Bauernhäuser nennen sie dabei ebenso als Referenz wie die Großzügigkeit historischer Mailänder Bauten und das Werk Aldo Rossis.
Was die beiden nun fertiggestellten Neubauten zumindest schon mal in der Außenansicht so gelungen macht, ist die Verdrehung der Rahmen in der Dachebene. Das sorgt für eine ungewöhnliche Kombination aus formaler Strenge und leichter Verspieltheit, wie man sie sonst nur bei den besten Beispielen der italienischen Moderne antrifft – ein guter Bezug damit auch zu Feltrinelli selbst, der die Zeit bis 1972 maßgeblich mitgeprägt hat.
In seiner Gesamtheit wird sich die neue städtebauliche Situation erst bewerten lassen, wenn auch das dritte Gebäude, das sogenannte Edificio Comune, und die Außenanlagen fertiggestellt sind. Über die eigentliche Arbeit der Stiftung hinaus werden dann auch Cafés und Restaurants den Mailändern einen Raum des „Austausches und der Erholung“ bieten. (sb)
Fotos: Filippo Romano
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Karin Tschavgova | 25.09.2016 21:26 UhrTransparenz und klare Form
Beides - Transparenz und die klare, einfache Form - passt wunderbar zu den Inhalten, die dem Linken Feltrinelli wichtig waren und im Gedenken dort hoffentlich sehr lebendig diskutiert und vertreten sein werden. Mir gefällt's und mich freut's, dass H&deM wieder auf dem Boden angekommen sind, ohne langweilig zu wirken.